Die Anzahl von Büro- und Bildschirmarbeitsplätzen nimmt weiterhin zu. Daher wird eine Zunahme der physischen Inaktivität am Arbeitsplatz angenommen. Hiermit können erhöhte Risiken für das Muskel-Skelett- und das Herz-Kreislauf-System verbunden sein. In den letzten Jahren wurden daher verschiedene Konzepte für "dynamische Büroarbeitsplätze" entwickelt, die leichte physische Aktivität mit Bürotätigkeiten verbinden.
Das IFA untersuchte in Zusammenarbeit mit dem niederländischen Institut "TNO Work and Employment" systematisch den Effekt derartiger Arbeitsstationen auf ausgewählte biomechanische, physiologische und subjektive Parameter. In einer Laborstudie fanden Messungen mit zwölf Probanden an zwei unterschiedlichen Typen von dynamischen Arbeitsplätzen (Laufband und Sitzergometer) und einem Standard-Büroarbeitsplatz (Referenz für Stehen und Sitzen) statt. Das Studiendesign umfasste Messungen mit dem CUELA-Activity-System, Elektromyografie (EMG) und Elektrokardiogramm (EKG), Messungen der Arbeitsleistung bei fünf standardisierten Bürotätigkeiten und eine Abfrage des subjektiven Empfindens der Probanden.
Im Ergebnis zeigten sich an den dynamischen Arbeitsplätzen gegenüber den Referenz-Arbeitsplätzen erhöhte Werte für die physische Aktivität, die Herzfrequenz sowie den Energieumsatz. Die Muskelaktivität hingegen war nur in wenigen Fällen signifikant verändert und die Körperhaltung unterschied sich nicht wesentlich von der am konventionellen Sitzarbeitsplatz. Die Probanden schätzten ihre Arbeitsleistung gegenüber der Referenz zwar als schlechter ein, die objektiven Ergebnisse zeigten mit einer Ausnahme jedoch keine signifikanten Unterschiede.
Derzeit ist fraglich, ob die "dynamischen" Alternativen im Berufsalltag der Büroarbeitsplätze eine Rolle spielen werden. Die getesteten dynamischen Arbeitsplätze zeigten einige Defizite in der ergonomischen Gestaltung und der Sicherheit während der Nutzung. Die Arbeitsplätze werden jedoch stetig weiterentwickelt und neuere Versionen der dynamischen Arbeitsplätze sind bereits ergonomisch besser gestaltet und platzsparender nutzbar. Denkbar ist eine zukünftige Erhöhung der physischen Aktivität am Büroarbeitsplatz durch ergänzende Nutzung dynamischer Arbeitsstationen, beispielsweise temporäre Nutzung oder optionale Leihgabe für mehrere Beschäftigte.
Das häufige und dauerhafte Arbeiten in statischen Sitzhaltungen kann an Bildschirm- und Büroarbeitsplätzen zu Verspannungen der Muskulatur und zu Wirbelsäulenbeschwerden führen. Hierbei kann es sowohl zu Überbelastungen der Muskulatur, insbesondere im Schulter-Nacken-Bereich, als auch zu funktionellen Unterbeanspruchungen bestimmter Muskelpartien wie beispielsweise der Rücken- und Bauchmuskulatur kommen. In den vergangenen Jahren wurde daher bei der Entwicklung von Büroarbeitsstühlen das Konzept des dynamischen Sitzens gefördert. Einige Stuhlhersteller haben durch konstruktive Elemente, wie z. B. eine dynamische Aufhängung der Sitzfläche oder auch eine aktive Eigenrotation der Sitzfläche, besondere Stuhleigenschaften geschaffen, die das dynamische Sitzen fördern und damit Muskel-Skelett-Erkrankungen an Büro- und Bildschirmarbeitsplätzen präventiv vermeiden sollen.
Vor diesem Hintergrund führte die VBG (Verwaltungs-Berufsgenossenschaft) in Zusammenarbeit mit dem damaligen BGIA (heute IFA) und dem niederländischen Institut TNO Work and Employment eine ergonomische Untersuchung zur Evaluierung von vier besonderen dynamischen Büroarbeitsstühlen im Vergleich zu einem konventionellen Büroarbeitsstuhl durch. Ziel der Untersuchung war die Beantwortung folgender Fragen:
Um diesen Fragen nachzugehen, wurde in Laborumgebung ein realitätsnaher Bildschirm- und Büroarbeitsplatz aufgebaut, um bei standardisierten Bürotätigkeiten das Sitz- und Bewegungsverhalten bei Nutzung der verschiedenen Stühle von zehn Laborprobanden messtechnisch und mithilfe standardisierter Interviews zu analysieren. Zusätzlich wurden Messungen und Befragungen unter Praxisbedingungen bei insgesamt 40 Feldprobanden in vier verschiedenen Unternehmen durchgeführt.
Im Rahmen der Untersuchung wurde ein Messsystem auf der Basis des CUELA-Systems entwickelt und eingesetzt, das eine ergonomische Analyse von Belastungs-/Beanspruchungsparametern synchron zu Bürostuhl-Einstellungsparametern sowohl in Labor- als auch in Praxisumgebungen ermöglicht.
Abschlussberichte
Active Workplace: Effekte dynamischer Arbeitsstationen
(IFA Report 3/2018)
Untersuchung von dynamischen Büroarbeitsplätzen
(IFA Report 4/2014)
Entwicklung und Evaluation eines Bewegungsmesssystems zur Analyse der physischen Aktivität
(IFA-Report 2/2011)
Ergonomische Untersuchung besonderer Büroarbeitsstühle
(BGIA-Report 5/2008)
Weitere Medien
Problemfall Sitzen - Bewegung hilft (Audiopodcast)
CUELA-Activity-System zur Analyse der physischen Aktivität. Aus der Arbeit des IFA Nr. 0311 (PDF, 215 KB)
Workshop
"Prevention of physical inactivity at office workplaces" am 10.6.2015:
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