Präventionskampagne "Risiko raus": 2010/2011: Evaluation der Dachkampagne

Projekt-Nr. IAG 480054

Status:

abgeschlossen 12/2011

Zielsetzung:

Die Präventionskampagne "Risiko raus" befasste sich mit dem sicheren Fahren und Transportieren. Die Kampagne startete zu Beginn des Jahres 2010 und lief bis Ende 2011. Sie bestand aus einer gemeinsamen Dachkampagne aller beteiligten Institutionen - Berufsgenossenschaften, Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand, Landwirtschaftliche Sozialversicherung (LSV), Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV), Deutscher Verkehrssicherheitsrat (DVR) und den Bundesländern - sowie aus zielgruppenspezifischen Kampagnen einzelner Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, der LSV und einzelner Bundesländer. Die Kampagne richtete sich in erster Linie an Versicherte, Arbeitgeber sowie Mitgliedsunternehmen der gesetzlichen Unfallversicherung. Maßnahmenschwerpunkte der Kampagne richteten sich ausgehend von den grundlegenden Zielen auf folgende Handlungsfelder der Dachkampagne: - Unfälle beim innerbetrieblichen Transport und Verkehr - Arbeits- und Dienstwegeunfälle im öffentlichen Straßenverkehr - Schülerunfälle im öffentlichen Straßenverkehr - Wegeunfälle im öffentlichen Straßenverkehr Um feststellen zu können, ob die im Rahmen der Kampagne ergriffenen Präventionsmaßnahmen eine messbare Wirkung erzielen, wurden Kriterien formuliert, die unter Berücksichtigung von acht Ebenen evaluiert wurden.

Aktivitäten/Methoden:

Die Kampagne wurde auf acht Ebenen evaluiert: 1. Umfang der Kampagnenaktivitäten und -maßnahmen, d. h. alle Maßnahmen aus den Bereichen Presse, Aktivitäten, Medien und give-aways wurden in einheitlichem Format dokumentiert 2. Medienresonanz, d. h. Text, Bild, Radio- und TV-Sendungen und Gespräche wurden anhand von qualitativen und quantitativen Merkmalen dokumentiert und bewertet 3. Wahrnehmungsebene, d. h. es wurde die Wahrnehmung der Kampagne bei den Zielgruppen ermittelt (Aufmerksamkeit, Erinnerung, Verständlichkeit, Assoziationen) 4. Verhaltens-/Veränderungsebene, d. h. tatsächliche Veränderungen in der Zielgruppe wurden gemessen (Wissen, Einstellungen, Verhalten, Image) 5. Auswirkungen im Betrieb, d. h. Ermittlung der Effekte der Kampagnenmaßnahmen auf spezifische Kennzahlen im Bereich der Unternehmens-/Organisationsergebnisse 6. Qualität der Struktur und der Prozesse der Kampagne, d. h. Organisation und Abläufe der Kampagne wurden ermittelt und bewertet, um interne Prozesse zu optimieren 7. Handlungsempfehlungen und Beratung der Träger zur Evaluation, d. h. Evaluationen der Träger wurden unterstützt 8. Rückmeldung der Evaluation, d. h. Evaluationsergebnisse wurden strukturiert und kontinuierlich zurück gemeldet

Ergebnisse:

Presse- und Medienarbeit Die Kampagne war thematisch breit angelegt. Sicherheit beim Fahren und Transportieren bezog sich auf innerbetriebliche Wege und Wege im Straßenverkehr. Einbezogen war auch die Schülerunfallversicherung, die insbesondere die Risiken radfahrender Schulkinder im Auge hatte. Daher konnte auch im Rahmen der Presse- und Medienarbeit eine große Bandbreite an Themen aufgegriffen werden. Besonders verbraucherorientierte Nachrichten mit Servicecharakter wurden, vorwiegend von Print- und Onlinemedien, aufgegriffen. Aber auch die Fachpresse wurde mit sehr spezifischen Themen, wie z.B. dem sicheren Transport von Gasflaschen, angesprochen. Insgesamt wurden in zwei Jahren 4155 redaktionelle Beiträge zu "Risiko raus!" in den Medien veröffentlicht. Die Meldungen in Printmedien erreichten eine Auflage von mehr als 106 Mio. Exemplaren. Hinzu kommen weitere 770 Beiträge der Kampagnenträger in eigenen Medien, die mit weiteren 40 Mio. Auflage zu Buche schlagen. Facebook und Co. Erstmals erstreckten sich die Aktivitäten einer Kampagne der gesetzlichen Unfallversicherung auch auf eine Präsenz in sogenannten sozialen Netzwerken. Für einen Schülerwettbewerb wurde kurzzeitig Schüler-VZ genutzt; der Facebook-Auftritt wurde sukzessive auf- und ausgebaut, sodass gegen Ende der Kampagne mehr als 4300 Menschen der Seite "folgten" und bis zu 20.000 Seitenaufrufe pro Monat verzeichnet wurden. Besonders Gewinnspiele mit attraktiven Preisen, wie z.B. das "Risiko-raus!"-Ladungssicherungsspiel, lockten die Facebook-Nutzer sich den Themen Landungssicherheit, Sichtbarkeit im Straßenverkehr und Helm tragen zuzuwenden. Veranstaltungen und Messen, Veranstaltungsmodule Fach- und Publikumsmessen, Verkehrssicherheitstage und andere Anlässe wurden genutzt oder geschaffen, um für die Sicherheit beim Fahren und Transportieren zu sensibilisieren. Dabei wurde nicht nur die in den Motiven zur Kampagne verankerte Botschaft, dass Ablenkung, Routine oder Zeitdruck zum kopflosen, risikoreichen Verhalten führt, vermittelt. Vielmehr wurde durch anschauliche Exponate und Mitmach-Module, wie zum Beispiel dem Überschlagsimulator oder Gurtschlitten, die Präventionsbotschaft erfahrbar gemacht. Nach dem Besuch der Aktions- und Familientage im Juni 2010 in den Dortmunder Westfalenhallen, gaben zwei Drittel aller Befragten an, sie hätten Neues zum Thema "Sicherheit im Straßenverkehre" erfahren und mehr als 80 % bewerteten die Informationen als nützlich oder sehr nützlich. Die Evaluation ergab auch, dass die Simulatoren die Hauptattraktionen waren, gefolgt von den sicherheitstechnischen Vorführungen und der persönlichen Beratung. Betriebliche Aktivitäten und Qualifizierung Herzstück der Präventionskampagne sind die betrieblichen Aktivitäten und Seminare der Unfallversicherungsträger. Sie sind aufgrund der persönlichen Ansprache der Zielgruppen besonders wirksam und stoßen in der Regel eine intensive Auseinandersetzung mit den Themen an. Berufsgenossenschaften und Unfallkassen haben in den letzten zwei Jahren 1.500 Aktionstage in Betrieben durchgeführt und in 10.000 Seminaren die Präventionsbotschaften von "Risiko raus!" verankert. Allein über diesen Weg wurden ca. zwei Mio. Menschen erreicht. Unabhängig von konkreten Maßnahmen in einzelnen Betrieben wurden Fachkräfte für Arbeitssicherheit (Mitglieder des Verbandes Deutscher Sicherheitsingenieure e.V.) als Multiplikatoren vor und gegen Ende der Kampagne online zu den betrieblichen Wirkungen der Kampagne befragt. Eine grundlegende Voraussetzung für Veränderungen auf der Ebene der Verhältnisse und des Verhaltens ist, dass die Kampagne von den Zielgruppen wahrgenommen wurde. Die Online-Befragung ergab, dass "Risiko raus!" eineinhalb Jahre nach dem Kampagnenstart unter den Multiplikatoren fast durchgängig bekannt war. So waren sich 91 % aller befragten Fachkräfte für Arbeitssicherheit sicher, von der Kampagne gehört zu haben. Weitere 4 % glaubten ebenfalls, die Kampagne zu kennen, waren sich aber nicht ganz sicher und nur 5 % der Befragten gaben an, von "Risiko raus!" zum ersten Mal zu hören. Rund 40 % der Befragten gaben an, durch die Kampagne sehr viel bzw. viel Neues über die Sicherheit beim innerbetrieblichen Transport und im öffentlichen Straßenverkehr erfahren zu haben. 63 % der Befragten wurden durch die Kampagne dazu angeregt, sehr oft bzw. oft über das Thema sicheres Fahren und Transportieren nachzudenken, 55 % der Befragten berichteten, mit Vorgesetzten und Kollegen über die Kampagne gesprochen zu haben, und insgesamt 53 % der Befragten beabsichtigen, bei der Arbeit vorsichtiger zu fahren und zu transportieren. Die größten Risiken im innerbetrieblichen Transport und Verkehr bzw. öffentlichen Straßenverkehr stellten aus Sicht der Befragten zu beiden Befragungszeitpunkten ungesicherte Ladung sowie das Fahren unter Alkoholeinfluss dar. 2011 stieg die Risikoeinschätzung für den innerbetrieblichen Transport und Verkehr sogar weiter an. Ein positiver Trend zeigte sich in den Angaben der Befragten hinsichtlich der betrieblichen Maßnahmen zur Sichtbarkeit und Ausstattung. Das Bereitstellen von reflektierender Kleidung sowie die Bestückung von Fahrzeugen mit Warnwesten und je nach Jahreszeit mit Winterausrüstung hat nach Angaben der Befragten deutlich zugenommen. Weiterhin gaben 2011 deutlich mehr der befragten Fachkräfte für Arbeitssicherheit an, dass Motorad-, Mofa- und Fahrradfahrer dazu angehalten werden, einen Helm zu tragen. Auch die Nutzung spezieller Ladungssicherungsvorrichtungen sowie die Einhaltung der Sicherheitsstandards für die Ausstattung von Dienstwagen wurden in 2011 häufiger angegeben. Weiterhin wurde das Thema innerbetrieblicher Transport und Verkehr 2011 öfter in die Gefährdungsbeurteilung integriert als 2009 (2011: 92 Prozent, 2009: 87 Prozent). Darüber hinaus wurden 2011 bei der Ladungssicherung häufiger unterwiesene Mitarbeiter eingesetzt als noch 2009. Auch im Bereich der Maßnahmen zur Reduzierung des Unfallrisikos im öffentlichen Straßenverkehr zeigten sich Veränderungen. So gaben die Befragten 2011 häufiger an, dass Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln (ÖPNV) gefördert werden. Bei einigen abgefragten Veränderungen zeigten sich keine Effekte. Um Veränderungen der Verhältnisse und des Verhaltens zu erfassen, wurden neben der Online-Befragung der Fachkräfte für Arbeitssicherheit auch Befragungen im Rahmen branchenspezifischer Trägerkampagnen durchgeführt. Durch konkrete, zielgruppenspezifische Maßnahmen und Aktivitäten transportierten die Trägerkampagnen die Botschaften und Inhalte von "Risiko raus!" in die Betriebe und Schulen. Bei den Trägerevaluationen waren die Effekte der Kampagne, abhängig von den jeweils durchgeführten Maßnahmen, sehr deutlich. Hier nur zwei Beispiele: Die BGN - Branche Fleischwirtschaft, beispielsweise, führte im Rahmen von "Risiko raus!" neben Seminaren und Beratungen vor Ort verschiedene Aktionen durch. So hatten Unternehmen unter anderem die Möglichkeit, ein Aktions-Set mit Aktionsmedien anzufordern, mit deren Hilfe der Transport und Verkehr im Betrieb überprüft und optimiert werden konnte. Eine Betriebsbefragung in der Branche Fleischwirtschaft zeigte, dass sich die Anzahl der Betriebe mit Gefährdungsbeurteilungen und Unterweisungen für innerbetrieblichen Transport und Ladungssicherung sowie öffentlichen Straßenverkehr signifikant erhöht hat. Und fast alle Betriebe gaben an, in den letzten zwei Jahren Informationen zum sicheren Fahren und Transportieren erhalten zu haben und fast drei Viertel hat daraufhin im Betrieb etwas verändert. Auch die Präventionskampagne "immer sicher unterwegs" der Unfallkasse Hessen kam bei der Zielgruppe sehr gut an. Ziel der Kampagne war es, Kindergärten bei der Verkehrserziehung der Vorschulkinder zu unterstützen. Im Rahmen der Kampagne wurde eine Broschüre für Erzieher/innen mit praktischen Anleitungen, Methoden, Spielen und Tipps zum Thema sicherer Schulweg entwickelt und an rund 300 angemeldete Kitas mit rund 5000 Kindern in Hessen versandt. Eine Befragung der beteiligten Erzieherinnen und Erzieher zeigte, dass die in der Broschüre beschriebenen Aktionen sehr positiv bewertet wurden. Insbesondere die Schulwegpass-Aktion, welche in Zusammenarbeit mit der Verkehrswacht durchgeführt wurde, kam bei den Kindern sehr gut an. Auch der Elternabend stieß auf breites Interesse. Aus Sicht der Erzieherinnen und Erzieher wirkte sich die Kampagne positiv auf das Verhalten der jungen Verkehrsteilnehmer aus und führte zu einem erkennbaren Wissenszuwachs. Auch die Eltern profitierten von der Aktion und konnten für das Thema Verkehrssicherheit sensibilisiert werden. Die Befragung zeigte zudem, dass die Eltern viele neue Informationen mit nach Hause nahmen. Fazit Die Kampagne "Risiko raus!" wurde wahrgenommen und konnte ihre Themen sowohl in den Medien als auch unmittelbar bei den Zielgruppen platzieren. Hinsichtlich der Veränderungen im Betrieb zeigten sich Effekte, die gut mit den Kommunikationsschwerpunkten der Kampagne vereinbar waren. Die gezielte Evaluation einzelner Maßnahmen belegte deren Wirksamkeit. Dort, wo Aktivitäten initiiert wurden, ließen sich Veränderungen der Verhältnisse und des Verhaltens ermitteln.

Stand:

02.05.2016

Projekt

Projektdurchführung:
  • Institut für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IAG)
Branche(n):

-branchenübergreifend-

Gefährdungsart(en):

-Verschiedenes-

Schlagworte:

Evaluation, Transport und Verkehr

Weitere Schlagworte zum Projekt:

Die Präventionskampagne "Risiko raus" befasst sich mit dem sicheren Fahren und Transportieren. Um feststellen zu können, ob die im Rahmen der Kampagne ergriffenen Präventionsmaßnahmen eine messbare Wirkung erzielen, wurden Kriterien formuliert, die unter Berücksichtigung von acht Ebenen durch die Mitwirkenden der Kampagne evaluiert und berichtet werden.