Brexit – Bedeutung für den Chemikalienhandel

Eine europäische und eine britische Flagge mit einem tiefen Riss dazwischen

Das Vereinigte Königreich (UK)*** hat die Europäische Union (EU) mit Wirkung zum 31. Januar 2020 verlassen.
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Das Vereinigte Königreich (UK)*** hat die Europäische Union (EU) mit Wirkung zum 31. Januar 2020 verlassen.

Bis Ende 2020 galt laut dem Austrittsabkommen eine Übergangsphase. Der Chemikalienhandel zwischen dem Vereinigten Königreich*** und der EU/EWR* konnte vorerst zu denselben Bedingungen wie bisher fortgesetzt werden.

Geltungsbereich des UK-REACH-Gesetzes

Seit Januar 2021 gilt in Großbritannien - England, Wales und Schottland - das UK-REACH-Gesetz. Im UK-REACH-Gesetz sind die Grundprinzipien der EU-REACH-Verordnung wie "Keine Daten - Kein Markt" und die Ernennung von Alleinvertretern übernommen worden.

Die Health and Safety Executive (HSE) ist die zuständige britische Agentur für die Umsetzung des UK-REACH-Gesetzes.

Sobald Ihr Unternehmen mit Sitz in der EU/EWR* Stoffe, Gemische oder Erzeugnisse

  • nach Großbritannien** exportiert
  • oder aus Großbritannien** importiert

müssen Sie sicherstellen, dass Sie sowohl die relevanten Pflichten nach der EU-REACH-Verordnung als auch die nach UK-REACH-Gesetz erfüllen.

Nordirland

In Nordirland behält die EU-REACHVerordnung gemäß dem Protokoll zu Irland und Nordirland weiterhin Gültigkeit. Mit in Nordirland ansässigen Firmen kann der Chemikalienhandel fortgeführt werden wie vor dem Brexit; es sind weiterhin nur die Pflichten nach EU-REACH-Verordnung zu erfüllen.

Export von Stoffen nach Großbritannien**

Als Unternehmen mit Sitz in der EU/EWR*, das Stoffe nach Großbritannien (England, Wales und Schottland) verkauft, werden Sie zum Exporteur aus der EU, Ihr Handelspartner in Großbritannien** entsprechend Importeur im Geltungsbereich des UK-REACH-Gesetzes. Um weiterhin auf dem britischen Markt zu bleiben, müssen Sie dafür Sorge tragen, dass

  1. entweder Ihr britischer Handelspartner die Stoffe als Importeur nach UK REACH registrieren lässt
  2. oder Sie bestimmen einen Alleinvertreter mit Sitz in Großbritannien**, der für Sie die Registrierung nach UK-REACH vornimmt.

Dies gilt für alle Stoffe, die in Mengen von 1 Tonne oder mehr pro Jahr nach Großbritannien** exportiert werden.

Stoffe, die Sie ab dem 01.01.2021 zum ersten Mal nach Großbritannien** in Mengen von 1 Tonne oder mehr pro Jahr exportieren wollen, unterliegen der sofortigen Registrierungspflicht nach UK-REACH.

Für Stoffe, die Sie bereits vor dem 01.01.2021 nach Großbritannien** verkauft haben, kann die folgende Übergangsregelung in Anspruch genommen werden:

Übergangsregelung: Downstream User Import Notification (DUIN)

Wenn es zutrifft, dass Ihr britischer Abnehmer bereits VOR dem 01.01.2021 Ihr nachgeschalteter Anwender oder Händler war, so gibt es nach UK-REACH die Möglichkeit, einen Aufschub der Registrierungspflicht zu erreichen. Hierzu muss bis spätestens 27.10.2021 bei der britischen Agentur HSE eine Downstream User Import Notification (DUIN) eingereicht worden sein.

Hinweis:
Die britische Regierung hat auf der Website der HSE eine (derzeit fristlose) Verlängerung der Einreichungsfrist für die DUIN angekündigt:

'Wenn Sie die HSE [bis zum 27.10.2021] nicht benachrichtigt haben und weiterhin EU-REACH-registrierte Stoffe in einer Menge von einer Tonne oder mehr pro Jahr nach Großbritannien einführen möchten, können Sie immer noch eine Meldung [DUIN] einreichen, wenn Sie dazu berechtigt sind. Sie sollten dies so bald wie möglich tun...'

Die DUIN informiert die HSE über die Absicht der Fortführung des Chemikalienhandels. In einer vorgegebenen Tabelle der HSE sind alle Stoffe aufzulisten, für die ein Aufschub der Registrierungspflicht beantragt wird. Die ausgefüllte Tabelle wird als E-Mail-Anhang an die britische Gesundheits- und Sicherheitsbehörde (HSE) geschickt.

Für die in der DUIN gelisteten Stoffe kann die Registrierungspflicht nach UK-REACH um bis zu 6 Jahre plus 300 Tage aufgeschoben werden. Die Länge des gewährten Aufschubs der Registrierungspflicht ist abhängig von der jährlichen Importmenge und/oder dem Gefahrenpotenzial eines Stoffes. Eine tabellarische Übersicht über die geltenden Aufschubfristen finden Sie auf den Seiten der HSE.

Es ist zu beachten, dass ausschließlich Stoffe über eine DUIN gemeldet werden können. Wenn Sie ein Gemisch nach Großbritannien** exportieren, muss jeder Inhaltsstoff des Gemisches einzeln in der DUIN aufgeführt werden, sofern für den Inhaltsstoff die Mengenschwelle 1 Tonne oder mehr pro Jahr erreicht wird.

Ab dem 28. Oktober 2021 können Sie sich auf die Fortführung eines ungehinderten Chemikalienhandels mit Ihrem britischen Abnehmer verlassen, wenn

  1. Ihr britischer Abnehmer eine Meldung (DUIN) an die britische Agentur Health and Safety Executive (HSE) übermittelt hat oder entsprechend der Fristverlängerung (s.o.) so schnell wie möglich übermittelt oder
  2. Sie selbst als Hersteller, Formulierer oder Produzent von Erzeugnissen mit Sitz in der EU/EWG* einen in Großbritannien** ansässigen Alleinvertreter beauftragen, die Meldung (DUIN) bis zum 27.10.2021 zu übermitteln oder entsprechend der Fristverlängerung (s.o.) im Namen des britischen Handelspartners so schnell wie möglich vorzunehmen.

Import von Stoffen aus Großbritannien**

Als nachgeschalteter Anwender mit Sitz in der EU/EWR* und Nordirland, der Stoffe in Mengen von einer Tonne oder mehr aus Großbritannien** bezieht, sind Sie seit dem 01.01.2021 Importeur im Geltungsbereich der EU-REACH Verordnung.

Seit dem 01.01.2021 haben alle Registrierungen, die von Herstellern, Importeuren oder Alleinvertretern mit Sitz in Großbritannien** als (federführendem) Registranten bis zum 31.12.2020 vorgenommen wurden, in der EU/EWR* und Nordirland ihre Gültigkeit verloren.

Ändert sich durch den Brexit Ihr Status von nachgeschalteter Anwender zu Importeur im Geltungsbereich der EU-REACH Verordnung, dürfen Sie die importierten Stoffe jetzt nur noch weiterverwenden, wenn Ihr britischer Lieferant VOR dem 01.01.2021 die Registrierung entweder auf einen Alleinvertreter mit Sitz in der EU/EWR* oder auf ein Unternehmen mit Sitz in der EU/EWR* übertragen hat.

Ist kein Registrierungstransfer erfolgt, so dürfen Sie diesen Stoff jetzt nicht mehr auf dem EU-Markt verwenden - bis

  • Sie den Stoff als Importeur erfolgreich bei der ECHA registriert haben
  • oder Ihr britischer Handelspartner diesen Stoff über einen EU-ansässigen Alleinvertreter nach EU-REACH registriert hat

Prüfen Sie daher Ihre Lieferkette und stellen Sie sicher, dass Sie Stoffe, die Sie von einem Unternehmen mit Sitz in Großbritannien** beziehen, auch jetzt noch in der EU/EWR* weiterverwenden dürfen.

Als Hilfestellung hat die ECHA eine Liste (XLS, 69 KB) veröffentlicht, die alle Stoffe enthält, die nur von UK-Unternehmen registriert worden sind.

Zulassungen britischer Unternehmen

Zulassungen, die einem Unternehmen in Großbritannien** vor dem Ende der Übergangsphase erteilt wurden, haben am 01.01.2021 in der EU/EWR* ihre Gültigkeit verloren. Als nachgeschalteter Anwender können Sie sich auf diese Zulassung nicht mehr verlassen, es sei denn der britische Hersteller, Formulierer oder Alleinvertreter hat die Zulassung VOR dem 01.01.2021 auf einen Alleinvertreter mit Sitz in der EU/EWR* übertragen.

Ist dies nicht der Fall, müssen Sie, als nachgeschalteter Anwender jetzt entweder

  • selbst Zulassungsinhaber werden und die Zulassung für Ihre Verwendung des Stoffes bei der ECHA beantragen (bis zur Erteilung der Zulassung müssen Sie die Verwendung des Stoffes aussetzen)
  • oder Sie finden einen alternativen Lieferanten mit Sitz in der EU/EWR*, der über eine gültige Zulassung für ihre Verwendung verfügt.

Hinweise zur Begrifflichkeit

* EU/EWR: EU-Mitgliedsstaaten und die Länder des Europäischen Wirtschaftsraums (Island, Liechtenstein, Norwegen)

** Großbritannien = England, Wales, Schottland

*** Vereinigte Königreich (UK) = England, Wales, Schottland + Nordirland