03.11.2021
Wie gesund sind die Saarländerinnen und Saarländer? Das wollte die regionale Koordinierungsstelle für Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) im Saarland wissen und legt den ersten Sozialversicherungsträger übergreifenden Gesundheitsbericht vor. Damit wurde eine bisher einzigartige, aussagekräftige Informationsbasis geschaffen, die es ermöglicht, die Gesundheit der erwerbstätigen Bevölkerung im Saarland umfassend zu betrachten. Diese zeigt: es gibt deutliche regionale Unterschiede zum Krankenstand im Saarland und in den berufsbedingten Belastungen.
"Der Gesundheitsbericht ist der erste seiner Art und bietet umfassende Informationen über die Gesundheit der Menschen in unserer Region. Die Erkenntnisse bieten eine große Chance und sind für alle Beteiligten ein wichtiger Baustein, um die Prävention und Gesundheitsförderung im Saarland noch besser auszurichten. Dabei ist es wichtig zu erkennen, dass nicht jeder Landkreis und nicht jede Branche die gleichen Voraussetzungen hat. Daher muss individuell geschaut werden, wer welche Maßnahmen braucht und wie diese auf kommunaler Ebene effektiv umgesetzt und verankert werden können", erklärt Prof. Dr. Jörg Loth, Federführer regionale Koordinierungsstelle BGF im Saarland und Vorstand der IKK Südwest.
Mit einem Krankenstand von 5,8 Prozent in 2019 fallen Beschäftigte im Saarland innerhalb eines Jahres an rund 21 Tagen krankheitsbedingt aus und damit deutlich länger als im Bundesvergleich (19 Tage). Diese Abweichung ist dabei nur zum Teil auf das höhere Durchschnittsalter der Beschäftigten im Saarland zurückzuführen.
Junge Erwerbstätige bis 19 Jahre waren im Vergleich zu ihren älteren Kolleginnen und Kollegen am häufigsten krankgeschrieben, auf jeden Beschäftigten in dieser Altersgruppe entfallen 2019 im Durchschnitt über zwei Krankschreibungen, auf Beschäftigte ab 55 Jahren dagegen nur 1,5 Krankschreibungen pro Jahr. Allerdings handelt es sich bei den jüngeren Beschäftigten um relativ kurze Fehlzeiten. Deutlich mehr Fehltage kommen in den oberen Altersgruppen zusammen. Beschäftige ab 60 Jahren fallen durchschnittlich für knapp 39 Tage im Jahr aus, die wenigsten Fehlzeiten hatten unter 20-Jährige mit nur 12,6 Fehltagen pro Jahr im Schnitt.
Muskel-Skelett-Erkrankungen wie z.B. Rückenschmerzen sind nach wie vor die wichtigste Erkrankungsgruppe im Fehlzeitengeschehen. Knapp ein Viertel aller Fehltage im Saarland werden dadurch begründet. Die Prävention von Muskel-Skelett-Erkrankungen stellt daher eines der zentralen Handlungsfelder der betrieblichen Gesundheitsförderung dar.
Auf Platz zwei für den Krankenstand im Saarland sind die psychischen Erkrankungen zu nennen. Männer fehlen an durchschnittlich 3 Tagen pro Jahr wegen einer Depression oder anderer psychischer Erkrankungen, bei Frauen sind es sogar 4,7 Tage. Damit liegen solche Krankschreibungen als Ursache für Fehlzeiten bei Frauen an erster Stelle dicht gefolgt von Muskel-Skelett-Erkrankungen. Krankschreibungen wegen einer psychischen Erkrankung dauern dabei besonders lange. Im Durchschnitt liegt die Dauer einer Krankschreibung bei 39 Tagen. Nicht selten kommt es zu deutlich längeren Fehlzeiten, die, so zeigen die Zahlen zu den Erwerbsminderungsrenten der Rentenversicherung, dann auch zum Ausstieg aus dem Erwerbsleben führen können. Psychische Erkrankungen sind mit Abstand die häufigste Ursache bei den Erwerbsminderungsrenten.
Zwischen den Landkreisen und dem Regionalverband Saarbrücken zeigen sich deutliche regionale Unterschiede im Krankenstand. Den höchsten Krankenstand mit 6,3 Prozent hatte 2019 der Landkreis St. Wendel. Hier fehlten die Beschäftigten an rund 23 Tagen pro Jahr, im Regionalverband Saarbrücken lag der Krankenstand nur bei 5,6 Prozent und damit die Zahl der Fehltage je Beschäftigtem bei 20 Tagen.
Der Bericht bietet Anhaltspunkte für die Akteure im betrieblichen Gesundheitsmanagement und zeigt die wichtigsten Handlungsfelder auf. So zeigt der vertiefende Blick deutliche Unterschiede in den Branchen. Spitzenreiter mit deutlichem Abstand ist die Wasserversorgung, Abwasser- und Abfallentsorgung (Krankenstand 7,8 Prozent) gefolgt von der Öffentlichen Verwaltung und Sozialversicherung mit einem Krankenstand von 6,8 Prozent. Einen ebenfalls überdurchschnittlich hohen Krankenstand verzeichnet die Branche Verkehr und Lagerei mit 6,3 Prozent sowie das Gesundheits- und Sozialwesen (6,0 Prozent). Die niedrigsten Krankenstände haben das Gastgewerbe, die Branche der freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen sowie die Information und Kommunikation, die mit 3 Prozent den niedrigsten Krankenstand hat.
Unter Koordination der regionalen BGF-Koordinierungsstelle im Saarland waren am Bericht die AOK Rheinland-Pfalz/Saarland, die BARMER, die Betriebskrankenkassen (BKK), die DAK-Gesundheit, die IKK Südwest, die KKH, die KNAPPSCHAFT und die Techniker Krankenkasse sowie die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung und die Deutsche Rentenversicherung beteiligt. Das Berliner IGES Institut, als unabhängiges Forschungs- und Beratungsinstitut, hat die Daten zusammengeführt, die Analysen für die Berichtsjahre 2017 bis 2019 durchgeführt und den Bericht erstellt. Informationen unter bgf-koordinierungsstelle.de/saarland/.
"Die DRV Saarland unterstützt den Erfahrungs- und Ideenaustausch mit den Sozialpartnern der BGF-Koordinierungsstelle mit ihrem Firmenservice und freut sich auf eine Fortführung und Intensivierung der Kooperation im Bereich der betrieblichen Gesundheitsförderung. Mit ihrem Firmenservice berät die Deutsche Rentenversicherung Arbeitgeber, Betriebs- und Werksärzte, Betriebsräte und Schwerbehindertenvertretungen individuell zum Thema "Gesunde Mitarbeiter", insbesondere über Präventionsangebote der Rentenversicherung, medizinische und berufliche Rehabilitation wie auch betriebliches Eingliederungs- und Gesundheitsmanagement. Auch im Rahmen der aktuellen Informationskampagne #einlebenlang der Deutschen Rentenversicherung machen wir unsere Versicherten auf Präventionsangebote aufmerksam und rechnen in diesem Kontext mit einer steigenden Nachfrage. Wie wir festgestellt haben, sind derzeit psychische Erkrankungen, Neubildungen und Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems die häufigsten Ursachen für Frühberentungen. Daher begrüßt die DRV Saarland die Fortsetzung und Aufnahme von Projekten in diesen Themenbereichen und bringt dabei gerne ihr Knowhow in Sachen Prävention mit ihrem Präventionsportal RV Fit, Reha und Firmenservice mit ein."
"Im Rahmen der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) arbeitet die gesetzliche Unfallversicherung mit Bund und Ländern sowie den anderen im Arbeitsschutz relevanten Akteuren zusammen, insbesondere den Sozialpartnern und den Krankenkassen. Unser Ziel ist, die Sicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit zu erhalten, zu verbessern und zu fördern. Dafür gibt es gemeinsame Arbeitsschutzziele und Handlungsfelder. Aktuell liegt der Schwerpunkt dabei auf den Muskel-Skelett-Belastungen und den psychischen Belastungen – zwei Themen, die auch im Gesundheitsbericht im Mittelpunkt stehen – sowie auf dem sicheren Umgang mit krebserzeugenden Gefahrstoffen. Das Aufsichtspersonal der Unfallversicherungsträger und der Gewerbeaufsicht bekommt entsprechende Informationen und einheitliche Handlungsanleitungen sowie Tipps und Beispiele guter Praxis an die Hand. Diese helfen ihnen Belastungen in den Betrieben zu erkennen und zu verringern. Mit diesem Bündnis möchten wir dazu beitragen, die Präventionskultur in den Betrieben weiter zu fördern, damit alle so sicher und gesund wie möglich arbeiten können."
"Wir als Techniker Krankenkasse sind froh, einen Beitrag zum ersten Sozialversicherungsträger übergreifenden Gesundheitsbericht unter Führung der regionalen BGF-Koordinierungsstelle beigetragen zu haben. Die vielen zusammengetragenen Daten helfen auch uns, unser Angebot der Betrieblichen Gesundheitsförderung weiter zu verbessern. Mit präventiven Ansätzen kann nicht nur die Gesundheit des Berufstätigen verbessert werden, auch die Arbeitgeber und das Solidarsystem der Gesetzlichen Krankenversicherung profitieren davon. Daher sind wir überzeugt, dass wir mit dieser Initiative auf dem richtigen Weg sind."
"Die Entwicklung der Gesellschaft von einer Industrie- zu einer wissens- und kommunikationsintensiven Dienstleistungsgesellschaft hat die Belastungen in der Arbeitswelt verändert. Während körperliche Anstrengungen stetig abnehmen, steigen psychosoziale Belastungen in einem alarmierenden Ausmaß." Zeitdruck, Störungen des Arbeitsablaufs und ein eingeschränkter Entscheidungsspielraum würden als wesentliche Faktoren gelten, die psychische Erkrankungen, besonders Depressionen, begünstigen. Auch mangelnde Zusammengehörigkeit im Betriebsteam führe nachweislich zu einer deutlichen Zunahme depressiver Verstimmungen. "Unstrukturiertes und unsystematisches Handeln im Umgang mit psychisch Erkrankten am Arbeitsplatz verschlechtert oft zusätzlich die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft des betroffenen Mitarbeiters. Seelisch erkrankte Menschen benötigen einen klaren äußeren, stützenden Rahmen zur Stabilisierung."
Hier seien Führungskräfte im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht und im Hinblick auf ihre Verantwortung gegenüber dem gemeinsamen Arbeitgeber besonders gefordert.
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