An das Sachgebiet "Abfallwirtschaft" des Fachbereiches "Verkehr und Landschaft" der DGUV werden wiederholt Anfragen gestellt, inwieweit Abfallwerkende kurze Hosen bei der Abfallsammlung aus Sicht von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit tragen können.
Bei der Gefährdungsbeurteilung sind dazu folgende 6 Aspekte zu berücksichtigen:
Folgende Regelungen in bestehenden gültigen Vorschriften und arbeitswissenschaftlichen Veröffentlichungen beschreiben Anforderungen für die Auswahl von Schutzkleidung:
Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) als Ressortforschungseinrichtung des Bundes erarbeitet wissenschaftliche Grundlagen für eine sichere und gesunde Arbeitswelt. Beschäftigte bestimmter Branchen halten sich berufsbedingt häufiger im Freien auf und sind somit der Sonnenstrahlung intensiver ausgesetzt. Der Arbeitgeber muss für diese Tätigkeiten eine Gefährdungsbeurteilung durchführen, erforderlichenfalls geeignete Schutzmaßnahmen ergreifen und diese dokumentieren. Maßnahmen bei der Abfallsammlung können sein:
"Die Expositionsdauer gegenüber Sonnenstrahlung soll nach Möglichkeit beschränkt werden. Geeignete persönliche Schutzmaßnahmen sind z. B.:
Nach den Ziffern 2 und 3 § 4 Arbeitsschutzgesetz "Allgemeine Grundsätze" hat der Arbeitgeber bei Maßnahmen des Arbeitsschutzes von folgenden allgemeinen Grundsätzen auszugehen:
Die vorgenannten Vorschriften und die Veröffentlichung der BAuA stellen den Stand von Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene dar. Es liegen ihnen Gefährdungsbeurteilungen zugrunde und Erfahrungen aus dem Unfallgeschehen sowie der Entwicklung von Berufskrankheiten. Jeder Arbeitgeber kann davon ausgehen, dass bei vergleichbarer Tätigkeit auch vergleichbare Gefährdungen in seinem Betrieb vorliegen.
Fazit: Bei einer adäquaten Berücksichtigung der Gefährdungen infolge der o.g. 6 Aspekte, ist bei der Abfallsammlung der Einsatz von kurzen Hosen nicht möglich.
Dem Betrieb ist bekannt, dass die Bereitstellungsplätze für die Behälter gut erreichbar sein müssen und sicher angefahren werden können. Dies spiegelt sich in den örtlichen Satzungen wider. Trotzdem ist regelmäßig zu prüfen, ob das überall im Sammelgebiet auch wirklich möglich ist. Hier ist der Kontakt zu den betroffenen Abfallwerkenden essentiell! Wo gibt es Probleme beim Transport der Behälter und wie können sie gelöst werden?
Neben den geeigneten baulichen Verhältnissen an den Behälterstandplätzen gilt für die Beschäftigten kurz und auf den Punkt gebracht: Vier Räder – vier Füße!
Gefüllte Großbehälter ab 1,1 cbm Inhalt sollen immer nur zu zweit bewegt werden. Das übliche Behältergewicht und die nötige Steuerung beim Bewegen des Behälters erfordern an jeder Seite und somit an jedem Griff eine Person. Nur so lässt sich der Behälter sicher und ergonomisch bewegen, ggf. auch an kleinen Hindernissen (z.B. niedrige Bordsteinkante), ungünstig geparkte PKW oder eine unebene Straße. Wenn entsprechend gearbeitet wird, kann der verantwortliche Unternehmer davon ausgehen, dass die Anforderungen an sichere und gesunde Arbeitsbedingungen erfüllt werden. Dies muss er aber regelmäßig kontrollieren und bei Bedarf eingreifen. Dies wird auch in der DGUV Regel 114-601 Branche Abfallwirtschaft Teil I "Abfallsammlung" so beschrieben.
Das Zurückstellen von Großbehältern kann, falls es die zurückzulegende Entfernung (wenige Meter) und Straßenbeschaffenheit (ohne Einschränkung) erlauben, auch von einer Person übernommen werden. Größere Entfernungen, Steigungen/Gefälle oder eine unebene, holprige Strecke machen eine zweite Person aber unbedingt erforderlich.
Die betriebsspezifisch umzusetzenden Maßnahmen sind in der Gefährdungsbeurteilung zu dokumentieren.
Damit Abfallsammelfahrzeuge in Sackgassen einfahren können ohne zusätzliche Maßnahmen vorsehen zu müssen, sind an deren Ende Wendeanlagen vorzusehen. Zu den Wendeanlagen gehören in diesem Zusammenhang Wendekreise, Wendeschleifen und sog. Wendehämmer. Es gibt verschiedene Größen und Formen, abhängig von den Fahrzeugen, welche die Wendeanlage benutzen sollen. Im Idealfall sollte der Planer vom größtmöglichen Fahrzeugtyp zur Abfallsammlung ausgehen.
Wendekreise/Wendeschleifen sind für Abfallsammelfahrzeuge dann geeignet, wenn sie
Pflanzinseln sollten erst ab einem Wendekreisradius von 25 m eingeplant werden. Die Ränder der Pflanzinsel sollten überfahrbar ausgestaltet sein.
Wenn aufgrund von topographischen Gegebenheiten oder bereits vorhandener Bausubstanz Wendekreise bzw. -schleifen in der zuvor beschriebenen Form nicht realisiert werden können, sind ausnahmsweise auch andere Bauformen, z. B. sog. Wendehämmer zulässig. Dabei ist zu berücksichtigen, dass verschiedene Fahrzeugausführungen unterschiedliche Dimensionierungen erforderlich machen. Wichtige Voraussetzung dabei ist, dass ein Wenden mit ein- bis höchstens zweimaligem Zurückstoßen möglich ist.
Diese und weitere Informationen finden sich in der DGUV Information 214-033 "Sicherheitstechnische Anforderungen an Straßen und Fahrwege für die Sammlung von Abfällen" sowie in den RASt 06, den "Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen".
Das Rückwärtsfahren mit dem Abfallsammelfahrzeug ist ein sehr gefährlicher Vorgang. Es kommt auch heute immer noch zu schweren oder sogar tödlichen Unfällen.
Für die gewerbliche Abfallsammlung insgesamt und für die kommunale Abfallsammlung mit Ausnahme der kommunalen Betriebe in den Bundesländern Berlin und Hessen gilt nach wie vor die DGUV Vorschrift 43 bzw. 44 "Müllbeseitigung". Nach dieser Vorschrift darf Müll grundsätzlich nur in solchen Straßen abgeholt werden, in denen die Bereitstellungsplätze mit dem Abfallsammelfahrzeug vorwärts angefahren werden können - eine Rückwärtsfahrt somit gar nicht erst erforderlich wird. Diese Vorgabe betrifft aber nur die Straßen, die erst nach in Kraft treten der o.g. "Unfallverhütungsvorschriften" gebaut wurden. In den "alten" Bundesländern war dies ab 1979 der Fall, in den "neuen" Bundesländern dann ab dem Tag der Wiedervereinigung am 03.10.1990. Für alle anderen Straßen gilt ein "Bestandsschutz". Sollte es die Örtlichkeit erfordern, dürfen Abfallsammelplätze in diesen Straßen rückwärts angefahren werden. Voraussetzung dafür ist aber die Gewährleistung der sicheren Rückwärtsfahrt. Wie genau das umgesetzt werden muss, wird weiter unten beschrieben.
Berlin und Hessen haben die Unfallverhütungsvorschrift "Müllbeseitigung" 2018 zurückgezogen und verweisen ausschließlich auf die DGUV Regel 114-601 "Abfall-sammlung". Diese sog. Branchenregel beinhaltet alle Rechtsgrundlagen mit den zu erreichenden Schutzzielen, die für das sichere Rückwärtsfahren von Abfallsammelfahrzeugen zu berücksichtigen sind.
Um Unfälle zu verhindern, darf unberührt des o. g. Verbotes der Rückwärtsfahrt, nur dann rückwärtsgefahren werden, wenn alle anderen Möglichkeiten baulicher, technischer oder organisatorischer Maßnahmen ausgeschöpft wurden. Dazu gehören bspw. bauliche Veränderungen an den Zufahrten zu Sammelplätzen, die Änderung der Fahrstrecke (Tourenplanung), die Einrichtung von Bereitstellungsplätzen oder der Einsatz kleinerer Abfallsammelfahrzeuge. Bleibt es trotz o. g. Maßnahmen "unvermeidlich" mit dem Abfallsammelfahrzeug im Entsorgungsgebiet rückwärts zu fahren, gelten mindestens die folgenden Grundsätze:
Ob Straßen überhaupt befahren werden dürfen oder welche baulichen, technischen und personenbezogenen Maßnahmen umzusetzen sind, darüber gibt die betriebliche Gefährdungsbeurteilung Auskunft. Alle relevanten Gefährdungsfaktoren und die möglichen Risiken müssen gegeneinander abgewogen werden. Auf dieser Beurteilung basierend sind die erforderlichen Maßnahmen in der Verantwortung des Unternehmers umzusetzen. Bei der Entscheidungsfindung ist zu bedenken, dass es zur Vermeidung arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren der Abfallwerkenden sinnvoll ist, wenn das Sammelfahrzeug möglichst nah an zu ladende Behälter heranfährt. Gefüllte Behälter sind schwer, sie sollten nach Möglichkeit nicht weit gezogen, geschoben oder gar getragen werden müssen.
Wie geht man als Unternehmer vor?
Hier muss man zunächst unterscheiden, ob der Abfallwirtschaftsbetrieb privatwirtschaftlich arbeitet oder ob es sich um einen Betrieb der öffentlichen Hand handelt der nicht zu den Bundesländern Berlin oder Hessen gehört. Folgend beschriebene angemessene Maßnahmen können dort nur bei älterer Bestandsbebauung umgesetzt werden. Ansonsten gilt das oben beschriebene Verbot der Rückwärtsfahrt. In den Bundesländern Hessen und Berlin sind die folgenden Maßnahmen für alle Betriebe der öffentlichen Hand umsetzbar.
Das Arbeitsschutzgesetz fordert grundsätzlich, dass zur Verhütung von Unfällen bei der Arbeit und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren wirksame Maßnahmen umgesetzt werden. Für die Umsetzung der Maßnahmen gilt das Hierarchieprinzip: Technische Maßnahmen, vor organisatorischen Maßnahmen, vor personenbezogenen Maßnahmen. Straßen zu Abfallsammelplätzen in denen Rückwärtsfahren unvermeidlich ist, können bspw. in einem Verzeichnis erfasst werden. Auf Basis dieses Verzeichnisses werden dann organisatorische und personenbezogene Maßnahmen (Verhalten von Fahrenden/Einweisenden) verpflichtend festgelegt.
Hierbei wird vorausgesetzt, dass zunächst sehr genau geprüft wurde, ob das Rückwärtsfahren wirklich unvermeidlich ist oder ob es nicht auch andere Möglichkeiten gibt, die Behälter für die Abfallsammlung zu erreichen. Dieses Verzeichnis kann touren-, ladestellen- oder auch fahrsituationsbezogen aufgebaut werden. Es erleichtert die Dokumentation im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung und entlastet den Fahrer oder die Fahrerin. Eine straßenbezogene Beurteilung mit entsprechender Maßnahmenfestlegung ist dann in aller Regel nicht oder nur noch in besonderen Fällen erforderlich.
Auf die Rückwärtsfahrt immer und zwingend zu verzichten und den Mitarbeitenden dafür einen überlangen Transportweg für schwere Gefäße aufzubürden, ist, wie weiter oben bereits aufgeführt, keine Option da auch die arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren der Beschäftigten angemessen zu berücksichtigen sind.
Bitte bedenken Sie! Es ist wichtig, nicht nur die Entscheidung zur Rückwärtsfahrt, sondern auch die Entscheidungskriterien und die Maßnahmen zur angeordneten Rückwärtsfahrt angemessen zu dokumentieren.
Die Europäische Norm DIN EN 1501-1:2021 "Abfallsammelfahrzeuge - Allgemeine Anforderungen und Sicherheitsanforderungen - Teil 1: Hecklader" legt fest, dass die Trittbrettoberfläche nicht höher als 450 mm über der Fahrbahnebene angeordnet sein darf. Da das Trittbrett beim Betreten immer etwas einfedert, darf die Trittbrettoberfläche von der Waagrechten um einen Winkel von ± 5° abweichen. Die Hersteller der Abfallsammelfahrzeuge bieten unterhalb der maximalen Trittbretthöhe variable Installationsmöglichkeiten. Je niedriger das Trittbrett angeordnet ist, desto leichter und weniger belastend ist das Auf- und Absteigen für die Mitfahrenden. Andererseits verringert sich bei niedriger angeordnetem Trittbrett die Bodenfreiheit, wodurch das Risiko steigt, dass das Trittbrett an Bodenschwellen zur Verkehrsberuhigung, an Bodenunebenheiten oder in Senken aufsetzt. Häufig sind Beschädigungen am Trittbrett die Folge. Im schlimmsten Fall kann das Aufsetzen zu einem Hochschlagen des Trittbretts führen, was mit erheblichem Verletzungsrisiko für Mitfahrende verbunden ist. Je nach Fahrzeugüberhang ist die Gefahr des Aufsetzens unterschiedlich hoch. Je weiter das Trittbrett von der Fahrzeughinterachse entfernt ist, desto größer ist das Kollisionsrisiko. Bei der Fahrzeugauswahl sollte man deshalb auch darauf achten, dass Trittbretter und deren Tragkonstruktion so gestaltet sind, dass möglichst viel Bodenfreiheit gegeben ist.
Bei Abfallsammelfahrzeugen, die mit einer Luftfederung ausgerüstet sind, kann man die Bodenfreiheit erhöhen, bevor man Senken durchfährt. Dadurch kann man in den meisten Fällen Kollisionen durch Aufsetzen und damit Beschädigungen vorbeugen. Dies bedarf aber gut geschulter und erfahrener Fahrer und Fahrerinnen.
Neben der Auswahl geeigneter Fahrzeuge, sind betriebsspezifisch umzusetzende Maßnahmen wie bspw. Installationshöhe der Trittbretter und personenbezogenen Anforderungen für den sicheren Umgang in der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen.
Wird die Sammlung von Abfällen nicht mit Sammelfahrzeugen mit Kopf- oder Seitenladeeinrichtungen durchgeführt, ist die Arbeit mit physischen Belastungen beim Bewegen von Abfallbehältern oder Abfallsäcken verbunden. Damit diese Tätigkeiten keine arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren darstellen (Erkrankungen des Muskel-Skelett-Apparates), muss der verantwortliche Arbeitgeber gesundheitsschädigende Wirkungen im Hinblick auf die manuelle Handhabung dieser Lasten beurteilen und erforderliche Maßnahmen ableiten. Die Forderung zur Gefährdungsbeurteilung ergeht aus dem Arbeitsschutzgesetz, konkretisiert in der Lastenhandhabungsverordnung. Die Verordnung enthält jedoch keine konkreten Werte maximaler Lasten zum Ziehen und Schieben oder Heben und Tragen von Lasten.
Eine mittlerweile etablierte Methode um das Risiko möglicher Gesundheitsgefahren abzuschätzen bietet die vom Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) veröffentlichte "Leitmerkmalmethode“" (LMM). Die LMM ist eine "Handlungsanleitung zur Beurteilung der Arbeitsbedingungen – beim Heben und Tragen von Lasten (LV 9) bzw. – beim Ziehen und Schieben von Lasten" (LV 29). Die LMM enthält Risikobereiche und Richtwerte. Verbindliche Grenzwerte sind in ihr aber nicht festgeschrieben. Einen verbindlichen Grenzwert für das Anheben von Einzellasten besteht nach § 11 Abs. 1 DGUV Vorschrift 43 bzw. 44 "Müllbeseitigung". Danach dürfen Einzellasten über 35 kg nicht getragen werden. Darauf basierend können aber keine Rückschlüsse auf maximal pro Tag zu bewegende Lasten hergestellt werden.
Nach der LMM eine Aussage über die an einem Tag maximal zu bewegenden Lasten zu treffen, ist allerdings auch nicht direkt möglich. In die Gefährdungsbeurteilung nach der LMM gehen verschiedene Randbedingungen, sog. Leitmerkmale in eine Beurteilung mit ein. Nach der LMM stellt die Last selbst nur ein Merkmal mehrerer Leitmerkmale dar. Beim Ziehen und Schieben gehen folgende Leitmerkmale in die Bewertung ein:
Man kann erkennen, wie wichtig die Gefährdungsbeurteilung ist und dass pauschale Aussagen hier nicht möglich sind. Ein ländlicher Bereich mit viel Raum zum Umgang mit Abfallbehältern in ebenem Gelände ist deutlich zu unterscheiden von enger Wohnbebauung mit anspruchsvoller "Rangierarbeit" bspw. durch parkende PKW, vielleicht sogar in hügeligem Wohngebiet.
Im Ergebnis der LMM steht ein Punktwert, der als Orientierungshilfe dienen soll. Mit steigendem Punktwert steigt auch die Wahrscheinlichkeit von Überbeanspruchungen. Der Handlungsbedarf abgeleitet aus dem Ergebnis der LMM ist auch abhängig von den individuellen Leistungsvoraussetzungen der Betroffenen. Bspw. werden die Leistungsvoraussetzungen von Männern und Frauen unterschiedlich bewertet, auch bestehen unterschiedliche Handlungsbedarfe für "normal" belastbare Personen und Personen, die bspw. durch gesundheitliche Einschränkungen vorbelastet sind und nur geringer belastet werden können.
Neben der LMM für das Ziehen und Schieben kann auch die LMM für das Heben und Tragen mit ähnlichen Leitmerkmalen die Grundlage der Gefährdungsbeurteilung sein.
Besteht für den Arbeitgeber ein Handlungsbedarf um Gefährdungen für Beschäftigte bei der manuellen Lastenhandhabung zu senken, kann er sich durch Betriebsarzt oder -ärztin oder durch die Fachkraft für Arbeitssicherheit beraten lassen. Wie bei allen Maßnahmen zu Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit, muss das Hierarchieprinzip aus dem Arbeitsschutzgesetz, d.h. erst technische, dann organisatorische und zuletzt personenbezogene Maßnahmen, eingehalten werden.
Bei der Sammlung von Abfällen, kommt es unweigerlich zum Kontakt der Abfallwerkenden mit sog. Biostoffen. Je nach Abfallfraktion können eine Vielzahl von Schimmelpilzen, Bakterien und Viren auftreten. Da Menge und Zusammensetzung der Biostoffe nicht exakt bestimmbar sind und die Tätigkeit der Abfallsammlung auch nicht auf die darin enthaltenden Biostoffe ausgerichtet ist, handelt es sich um eine sog. "nicht gezielte Tätigkeit". Damit Beschäftige vor den Gesundheitsgefährdungen durch Biostoffe bei der Abfallsammlung geschützt werden, hat der Arbeitgeber die Gefährdungen zu beurteilen und im Einklang mit der Biostoffverordnung (BioStoffV) erforderliche Schutzmaßnahmen umzusetzen. Auf Basis der Biostoffverordnung sind konkrete Anforderungen in der Technischen Regel für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA 213) "Abfallsammlung: Schutzmaßnahmen" für diese nicht gezielten Tätigkeiten beschrieben. Neben der BioStoffV sind parallel auch Schutzziele in der DGUV Vorschrift 43 bzw. 44 "Müllbeseitigung" vorgegeben.*
Nach der BioStoffV werden 4 verschiedene Risikogruppen unterschieden. Die Sammlung von typischen Siedlungsabfällen fällt in die Risikogruppen 1 oder 2. Entsprechend dieser Einstufungen ist es unwahrscheinlich, dass beim Kontakt mit diesen Abfällen Krankheiten verursacht werden können bzw. Krankheiten wirksam vorgebeugt werden können oder eine Behandlung normalerweise möglich ist.
Vor der organisatorischen Maßnahme die Abfallsammelfahrzeuge regelmäßig zu reinigen, steht nach dem im Arbeitsschutzgesetz festgelegten Hierarchieprinzip die Auswahl geeigneter Fahrzeuge und deren Schüttungseinrichtungen und die regelmäßige und zuverlässige Wartung und Instandhaltung dieser Arbeitsmittel. Bei der Auswahl des Arbeitsmittels Abfallsammelfahrzeug sind auch Abfallbehälter und Schüttungssystem aufeinander abzustimmen. Ziel ist die Minimierung der Staubex-position und die damit verbundenen Gesundheitsgefährdungen, auch durch Biostoffe.
Alleine die technischen Voraussetzungen an Fahrzeug und Schüttungseinrichtung, führen aber nicht zum erforderlichen Schutz vor den Biostoffen. Nach Kap. 5.1 Abs. 4 der TRBA 213 sind daher "die Wartungs- und Reinigungsarbeiten an Abfallsammelfahrzeugen in die Gefährdungsbeurteilung mit einzubeziehen. Durch regelmäßige Reinigungsmaßnahmen wird die Konzentration von biologischen Arbeitsstoffen in der Luft reduziert. Die Aufstellung eines Reinigungs- und Hygieneplans mit festgelegten Reinigungsintervallen ist erforderlich." Neben der Schüttungseinrichtung ist auch die Reinigung der Fahrzeugkabine damit gemeint. Diese Reinigung ist abhängig von den tatschlichen Expositionsverhältnissen bei der jeweiligen Sammlung. Reinigungsintervalle sind daher in der Gefährdungsbeurteilung festzulegen. Die TRBA 213 gibt aber eine mindestens wöchentliche Reinigung der Schüttungseinrichtung und die mindestens arbeitstägliche Reinigung der Führerhäuser vor. Für diese regelmäßigen Reinigungen muss der Arbeitgeber einen Wartungs- und Reinigungsplan aufstellen und die technischen und organisatorischen Voraussetzungen schaffen, damit diese Reinigungen durchgeführt werden können. Zum Wartungs- und Reinigungsplan sind die beschäftigten zu unterweisen. Die Einhaltung des Wartungs- und Reinigungsplans ist schriftlich zu dokumentieren. Dies bezieht sich auch auf die Verantwortung des Arbeitgebers eine regelmäßige Kontrolle der korrekten Umsetzung durchzuführen.
Von der Art der Reinigung sind weitere Schutzmaßnahmen abhängig. Schüttung und Einfüllbereich müssen bspw. einer "gründlichen Spritzreinigung“" unterzogen werden. Die Reinigung selbst bedarf daher geeigneter technischer, organisatorischer und personenbezogener Voraussetzungen, damit auch hier kein Kontakt mit Biostoffen bzw. kein Einatmen sog. Bioaerosole erfolgt.
Wird ein bestimmter Bereich bei der Abfallsammlung nach der Risikogruppe 3 eingestuft, dies gilt meist für Abfälle im Gesundheitswesen, so muss dies in der Gefährdungsbeurteilung besonders berücksichtigt werden.
*Die DGUV Vorschrift 44 ist nicht mehr bei allen Unfallkassen in Kraft.
Sind Fahrende und Beifahrende im Staßenverkehr nicht angeschnallt, können sie bei Unfallereignissen durch die Fahrkabine des jeweiligen Fahrzeuges geschleudert werden. Das hat dann fatale Folgen. Trotzdem argumentiert das Fahrpersonal in Abfallwirtschafts- und Straßenreinigungsbetrieben vereinzelt, es müsse sich im öffentlichen Straßenverkehr nicht angeschnallt werden, da es in der Straßenverkehrsordnung (StVO) die Ausnahme von der Anschnallpflicht zum sog. "Haus-zu-Haus-Verkehr" gäbe.
Es ist richtig, dass im Abs.1 des § 21a StVO eine Ausnahme von der Anschnallpflicht für Personen im Haus-zu-Haus-Verkehr ermöglicht wird, "wenn sie im jeweiligen Leistungs- oder Auslieferungsbezirk regelmäßig in kurzen Zeitabständen ihr Fahrzeug verlassen müssen". Dies ist bei Fahrenden von Kehrmaschinen und Abfallsammelfahrzeugen mit Seitenladeeinrichtung grundsätzlich nicht der Fall, daher besteht die Anschnallpflicht bei Teilnahme am Straßenverkehr hier grundsätzlich. Auch bei Fahrten von Abfallsammelfahrzeugen in die jeweiligen Sammelbezirke handelt es sich um keinen Haus-zu-Haus-Verkehr. Es gilt die Anschnallpflicht. Für Beschäftigte in der Abfallsammlung kann die Befreiung von der Anschnallpflicht nur gelten, wenn Fahrer oder Fahrerin beim Laden von Abfällen am Fahrzeugheck unterstützen und sie dafür ständig Ein- und Aussteigen. Fährt das Fahrzeug zwischen einzelnen Bereitstellungsplätzen nur kurze Strecken, das Beladen erfolgt aber ausschließlich durch Abfallwerkende am Heck des Fahrzeugs, die für die kurzen Fahrten Trittbretter benutzen, gilt die Anschnallpflicht für den Fahrzeugführenden!
Für das Fahren im nichtöffentlichen Verkehr gilt Abs.1 des § 43 der DGUV Vorschrift 70 bzw. 71 "Fahrzeuge", wonach die vorgeschriebenen Sicherheitsgurte zu benutzen sind.
Art und Menge der an Wertstoff- und Recyclinghöfen (WSH) angenommenen Problemabfälle/Schadstoffe variieren von WSH zu WSH und hängen, neben der Größe der Sammelstelle, von den örtlichen Gegebenheiten sowie der Lage im Stadtgebiet oder im ländlichen Gebiet ab.
Die angenommenen gebührenfreien oder gebührenpflichtigen Abfallarten reichen von Abbeizmitteln über Leuchtstoffröhren bis hin zu Tonerkartuschen. Daraus ergeben sich Gefährdungen für die Beschäftigten des WSH, denn die in den Abfällen enthaltenen Stoffe, Stoffgemische und Erzeugnisse mit gefährlichen Eigenschaften (siehe § 2 (1) GefStoffV) können die Gesundheit in unterschiedlicher Art und Weise über:
schädigen. Darüber hinaus treten weitere Risiken durch die physikalisch/chemischen Eigenschaften (Brand- und Explosionsgefahren) der Abfälle auf. Deren Folgen können gravierend für Beschäftigte und/oder Dritte sein. Schwerste sogar tödliche Verletzungen können ohne Schutzmaßnahmen nicht ausgeschlossen werden.
Aufgrund der Vielzahl der Abfallarten und der darin enthaltenen Gefahrstoffe sollten die Betriebsanweisungen für WSH aufgeteilt werden in einen:
(siehe Pkt. 3.1 (3) der TRGS 555 "Betriebsanweisung und Information der Beschäftigten").
Des Weiteren sollte – wegen der Vielzahl der Gefahrstoffe – nicht für jeden Gefahrstoff eine eigenständige Betriebsanweisung erstellt werden, sondern Gruppen- bzw. Sammelbetriebsanweisungen (siehe Pkt. 3.1 (13) der TRGS 555).
Es wird empfohlen sich bei der Gruppen- bzw. Sammelzuordnung an den Gefährlichkeitsgruppen des "Einfachen Maßnahmenkonzeptes Gefahrstoffe" (EMKG) zu orientieren, deren Einteilung auf Arbeitsplatzgrenzwerten (siehe TRGS 900 "Arbeitsplatzgrenzwerte") und/oder den H-Sätzen (siehe GHS – Global harmonisiertes System) beruht.
Je nach Gefährlichkeitskategorie (A – E) sind - auf der Basis des in der TRGS 500 "Schutzmaßnahmen" beschriebenen STOP-Prinzips – entsprechende "Allgemeine Schutzmaßnahmen • Zusätzliche Schutzmaßnahmen oder • Besondere Schutzmaßnahmen" (siehe Pkt. 5 – 8 der TRGS 500) beschrieben.
Generell sind bei der Erstellung einer Gruppen- bzw. Sammelbetriebsanweisung "Gefahrstoffe" folgende Inhalte zu berücksichtigen (siehe Pkt. 3.2.1 der TRGS 555):
In der betrieblichen Praxis hat sich gezeigt, dass sich die roten oder orangen umrandeten Formblätter (siehe z.B. GisChem, ein Gefahrstoffinformationssystem der BGRCI) bewährt haben. Wichtig ist eine einheitliche Gestaltung innerhalb der Betriebsstätte, so dass sich ein hoher Wiedererkennungswert bei den Beschäftigten einstellt (siehe Pkt. 3.1 (10) der TRGS 555).
Weitere Informationen bietet die DGUV Information 213-051 "Betriebsanweisungen für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen".
Gerade bei der Abfallsammlung, seltener bei der Straßenreinigung, sind die Fahrzeugbesatzungen bzw. die verschiedenen Teams, weit entfernt von einer Betriebsstätte unterwegs. Die Rückfahrt um den Pausenraum innerhalb der Betriebsstätte zu nutzen ist dann nicht möglich. Die gängige Praxis ist es, die Pause im Fahrzeug zu verrichten. Verschiedene Anforderungen um die Sicherheit und den Schutz der Beschäftigten zu gewährleisten sind dafür umzusetzen.
Die Arbeitsstättenverordnung gilt mit Ausnahme des Nichtraucherschutzes nicht für Transportmittel die im öffentlichen Verkehr eingesetzt werden, dennoch kann sich der Arbeitgeber bei seiner Gefährdungsbeurteilung an den Konkretisierungen der Vorschrift an den Technischen Regeln für Arbeitsstätten orientieren. Wesentliche Anforderungen sind in der ASR A 4.2 "Pausen- und Bereitschaftsräume" festgelegt. Danach sind Beeinträchtigungen durch Lärm, Staub, Gerüche, Hitze etc. und gefährdende äußere Einflüsse zu vermeiden. Es beginnt also damit ein Fahrzeug an einem geeigneten Standort für die Pause abzustellen. Wesentlich ist auch die Forderung, einen gereinigten Raum für die Pause zu nutzen.
Neben diesen allgemeinen Anforderungen, die zur Maßnahmenfindung aus der Gefährdungsbeurteilung herangeführt werden können, kommt es bei der Abfallsammlung und auch für Beschäftigte der Straßenreinigung zum Umgang mit Biostoffen. Daher sind zusätzliche Anforderungen aus der Biostoffverordnung konkretisiert in den Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) einzuhalten. Die TRBA 500 "Grundlegende Maßnahmen bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen" und die TRBA 213 "Abfallsammlung, Schutzmaßnahmen" beschreiben diese Anforderungen. An mobilen bzw. abgelegenen Arbeitsorten muss die "Möglichkeit für eine hygienische Händereinigung" bestehen und "Beschäftigte dürfen an Arbeitsplätzen, an denen die Gefahr einer Verunreinigung durch biologische Arbeitsstoffe besteht, keine Nahrungs- und Genussmittel zu sich nehmen" bzw. "Essen, Trinken und Rauchen ist nur in dafür vorgesehenen Räumen zu gestatten." Um dies zu gewährleisten muss in einem Reinigungs- und Hygieneplan die regelmäßige, Reinigung der Fahrzeugkabine als "Pausenraum" festgelegt werden.
Für die Praxis bedeutet dies:
Über die betrieblich festgelegten Schutzmaßnahmen sind die Beschäftigten zu informieren und regelmäßig zu unterweisen. Eine Betriebsanweisung dient dazu als Grundlage. Darüber hinaus ist die Einhaltung der betrieblichen Regelungen zu kontrollieren. Bei Kenntnis der Abweichung von den Schutzmaßnahmen muss der Betrieb sofort eingreifen und nachsteuern. Nur so kann die Umsetzung von Maßnahmen die außerhalb des üblichen Einflussbereiches der Verantwortlichen dauerhaft umgesetzt und zur Routine werden.
Die Pause in einer Fahrzeugkabine bleibt aber immer ein Kompromiss. Sind Fahrzeugteams oder Straßenreinigungsteams in der Nähe einer Betriebsstätte, lohnt immer die Fahrt um einen geeigneteren Pausenraum aufzusuchen.
Zur Sammlung von Glasabfällen bzw. Glasverpackungen aus Privathaushalten häufen sich bundesweit derzeit Umstellungen von Bring- zu Holsystemen. Das heißt in einigen Städten oder Kreisen werden Glasabfälle durch Bürgerinnen und Bürger nicht mehr zu zentralen Glassammelstellen gebracht, sondern vom beauftragten Entsorgungsbetrieb direkt Zuhause abgeholt. Einige dieser "Hol-Systeme" setzen auf die Bereitstellung der Glasabfälle in Behältnissen, die nicht die ergonomischen Anforderungen erfüllen, damit Abfallwerkende sicher und gesund arbeiten können.
Die Ursache dieser vermehrt auftretenden Umstellungen ist vermutlich die Aufstellung von Abfallwirtschaftsplänen durch die einzelnen Bundesländer, die auf Basis des verschärften Kreislaufwirtschaftsgesetzes höhere Recyclingquoten auch für Glas erreichen sollen. Bei der „Haus-zu-Haus-Sammlung“ von Glasabfällen zeigt sich, dass überdurchschnittliche Abschöpfungsquoten erzielt werden können, weil Betroffene nicht gezwungen sind Glasabfälle dezentral an Glassammelstellen zu entsorgen.
Um den Haushalten das leichte Sammeln von Glasabfällen zu ermöglichen werden häufig Sammelkörbe eingesetzt. Diese Körbe werden entweder den einzelnen Haushalten vom Entsorger zur Verfügung gestellt, oder in manchen Fällen wird sogar dem Haushalt die Wahl des Sammelbehältnisses überlassen. Am Abfuhrtag werden diese Behälter dann am Straßenrand bereitgestellt und vom Entsorgungsbetrieb abgeholt. Die beschriebenen Behältnisse müssen von den Abfallwerkerinnen und Abfallwerkern meist gebückt aufgenommen und zum Abfallsammelfahrzeug getragen werden. Sie werden dann händisch ausgeleert. Entweder direkt in eine Schüttung eines Abfallsammelfahrzeuges oder z.T. auch in nicht bestimmungsgemäß verwendete, am Abfallsammelfahrzeug mitgeführte, Anbauten.
Um die Anforderungen an sicheres und gesundes Arbeiten auch bei einem Holsystem für Glasabfälle zu gewährleisten, sollte die für die Entsorgung der Abfälle zuständige öffentlich- rechtliche Körperschaft eng mit dem beauftragten Entsorgungsunternehmen zusammenarbeiten und folgende Grundanforderungen nach dem Hierarchieprinzip des § 4 Arbeitsschutzgesetz berücksichtigen (technische, vor organisatorischen, vor personenbezogenen Schutzmaßnahmen):
Führt der Arbeitgeber eine angemessene Gefährdungsbeurteilung nach § 3 DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" und nach § 5 "Arbeitsschutzgesetz" unter Berücksichtigung der LasthandhabV und der LärmVibrationsArbSchV durch, darf er nicht zu dem Ergebnis kommen ein Sammelsystem von Glasabfällen mit Körben einzuführen. Als eine geeignete Maßnahme bei der Abholung von Glasabfällen sollten genormte Sammelsysteme eingesetzt werden.