Entwicklung einer Anamnesesoftware, eines Messwert-Katasters und Aufbau einer Datenbank zum Carpaltunnelsyndrom

Projekt-Nr. IFA 4189

Status:

abgeschlossen 02/2014

Zielsetzung:

Beim Carpaltunnel-Syndrom (CTS) handelt es sich um ein Beschwerdebild aufgrund einer meist chronischen Schädigung des Nervus medianus (Mittelnerv), der in seinem Verlauf durch den Carpaltunnel im Bereich der Handwurzel einem erhöhten Druck ausgesetzt ist. Es stellt das häufigste Engpass-Syndrom eines peripheren Nervs dar. Neben einer Reihe anderer Faktoren gelten auch arbeitsbedingte manuelle Belastungen als ursächlich. Seit 2003 ist das Carpaltunnel-Syndrom bereits von der Europäischen Kommission in den Empfehlungen zu der Europäischen BK-Liste im Annex I (506.45) aufgeführt. Der Ärztliche Sachverständigenbeirat "Berufskrankheiten" beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales hatte daraufhin im Mai 2009 mit der Veröffentlichung der Wissenschaftlichen Begründung (WB) zu einer Berufskrankheit CTS ebenfalls empfohlen, die arbeitsbezogene Erkrankung CTS in die Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung aufzunehmen. Die WB führt bereits in der vorgeschlagenen Legaldefinition "Druckschädigung des Nervus medianus im Carpaltunnel (Carpaltunnel-Syndrom) durch repetitive manuelle Tätigkeiten mit Beugung und Streckung der Handgelenke, durch erhöhten Kraftaufwand der Hände oder durch Hand-Arm-Schwingungen" drei Risikofaktoren an. Diese können jeweils alleine zur Entstehung eines CTS führen oder bei Kombination von zwei oder drei dieser Faktoren das CTS-Risiko erhöhen. Es fehlten aber quantifizierbare Parameter zur Feststellung der Expositionshöhe bei der Ermittlung und Beurteilung der arbeitsbedingten Belastungen. Ziel des Projektes war es, valide Ermittlungs- und Messdaten zu CTS-Risikofaktoren in eine Datenbank aufzunehmen, um daraus Belastungsprofile zu erstellen und letztlich weitere Empfehlungen für die Beurteilung der arbeitstechnischen Voraussetzungen der Berufskrankheit abzuleiten. Die gewonnenen Erkenntnisse sollten für die Entwicklung einer CTS-Anamnesesoftware genutzt werden.

Aktivitäten/Methoden:

Im Auftrag des Ausschusses "Berufskrankheiten" der Geschäftsführerkonferenz der Unfallversicherungsträger (UVT) wurde durch das Referat Berufskrankheiten der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) eine interdisziplinäre und UVT-übergreifende Projektgruppe "CTS" ins Leben gerufen und eine vom IFA-geleitete Untergruppe "Arbeitstechnik" gebildet. Zum einen umfasst der Arbeitsauftrag der Gruppe, nach aktuellem wissenschaftlichen Kenntnisstand eine Handlungsanleitung und einen Erfassungsbogen für die Stellungnahme zur Expositionsbewertung zu erstellen; zum anderen sollten geeignete Messparameter zur Quantifizierung der Belastungsfaktoren ermittelt werden. Diese Messparameter sollten mit einem angepassten CUELA-System (Computerunterstützte Erfassung und Langzeitanalyse von Belastungen des Muskel-Skelett-Systems), das um ein EMG-Modul (EMG = Elektromyografie) erweitert wurde, nach einem spezifischen Messprotokoll erfasst werden. Dabei dient die Erfassung der Muskelaktivität durch das EMG der Abschätzung der Greifkräfte. Die Messungen sollten beispielhaft während der Ausübung von beruflichen Tätigkeiten durchgeführt werden, die in der WB genannt sind oder diesen vergleichbar erscheinen bzw. für die BK-Meldungen vorliegen. Schließlich flossen die Ergebnisse in die Entwicklung einer BK-Anamnesesoftware ein.

Ergebnisse:

Gemäß ihrem Arbeitsauftrag erstellte die Gruppe nach aktuellem wissenschaftlichen Kenntnisstand eine Handlungsanleitung und einen Erfassungsbogen für die Stellungnahme der Präventionsdienste zu den arbeitstechnischen Voraussetzungen im Fall einer BK-Verdachtsanzeige CTS. Darüber hinaus bereitete die Gruppe eine Publikation zur Bearbeitungsempfehlung in BK-Feststellungsverfahren am Beispiel des CTS vor, die noch im Dezember 2013 beim Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie eingereicht und im Januar 2014 zum Druck freigegeben wurde. Unter Federführung des IFA wurde die in der Handlungsanleitung beschriebene Vorgehensweise in einer CTS-Anamnesesoftware umgesetzt. Diese konnte den UVTen zur Ermittlung der Einwirkungen beim CTS Ende 2012 zur Verfügung gestellt werden. Zur Anwendnung der DGUV-Handlungsanleitung CTS im Allgemeinen und der CTS-Anamnesesoftware für benannte Multiplikatoren im Besonderen wurden drei zentrale Veranstaltungen konzipiert und durchgeführt. Von Januar 2011 bis Januar 2014 konnten nach Ermittlung geeigneter Messparameter und der Festlegung des Messprotokolls in insgesamt 54 Messungen 69 Tätigkeiten mit unterschiedlichen Belastungsprofilen aus verschiedenen Branchen im Bereich von acht Unfallversicherungsträgern analysiert werden. Im Rahmen dieser Untersuchungen konnte das Messverfahren weiter verbessert und den Anforderungen angepasst werden. Vier Messungen erfolgten in direktem Zusammenhang mit gemeldeten BK-Verdachtsfällen, in denen die Messresultate die Expositionsermittlung objektivieren konnten. Anhand der Ergebnisse konnte die Struktur eines Messwertkatasters erarbeitet und exemplarisch gefüllt werden. In einem Folgeprojekt soll das Messwertkataster nun weiter ausgebaut, in die CTS-Anamnesesoftware eingebunden und beides in weiteren Entwicklungen wechselseitig angepasst werden.

Stand:

02.05.2016

Projekt

Gefördert durch:
  • Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV)
Projektdurchführung:
  • Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA)
  • UV-übergreifend
Branche(n):

-branchenübergreifend-

Gefährdungsart(en):

Arbeitsbedingte Erkrankungen

Schlagworte:

Muskel-Skelett-Erkrankungen (außer Krebserkrankungen)

Weitere Schlagworte zum Projekt:

CTS (Carpaltunnel-Syndrom), Erfassung von CTS-Risikofaktoren, Anamnesesoftware, Messwertkataster, Datenbank

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