Elektromagnetische Felder an handgeführten Mittelfrequenz-/Inverter-Punktschweißzangen

Projekt-Nr. IFA 4183

Status:

abgeschlossen 10/2011

Zielsetzung:

In der Automobilindustrie werden in zunehmendem Maße zum Schweißen von Karosserieteilen handgeführte Mittelfrequenz- oder Inverter-Punktschweißzangen (MPZ) eingesetzt. Zum Schweißen wird bei diesen Schweißzangen ein hoher Gleichstrom genutzt, dem Wechselströme mit Frequenzen von 50 Hz bis 100 kHz überlagert sind. Die Exposition der Schweißer gegenüber magnetischen Feldern kann dadurch über den zulässigen Werten der Unfallverhütungsvorschrift (UVV) BGV B11 liegen. Frühere Untersuchungen des Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) an handgeführten Punktschweißzangen (Kabelzangen) haben gezeigt, dass die Überschreitung der zulässigen Werte der UVV nicht gleichbedeutend ist mit einer Überschreitung der Grenzwerte, z. B. der induzierten Körperstromdichte im Zentralnervensystem (ZNS). Ziel des Projektes war es, die Randbedingungen zu ermitteln, bei denen dieses Ergebnis auf Mittelfrequenz-Punktschweißzangen übertragen werden kann. Ferner war zu untersuchen, ob die in Zukunft zusätzlich zu beachtenden Grenzwerte für das periphere Nervensystem (PNS) eingehalten werden. Außerdem sollten die Ergebnisse zur Entwicklung eines Verfahrens zur Beurteilung der Exposition anhand des Schweißstromes dienen.

Aktivitäten/Methoden:

Grundlage der Untersuchungen waren die bei Betriebsmessungen an Mittelfrequenz-Punktschweißzangen (MPZ) aufgezeichneten zeitlichen Verläufe der magnetischen Flussdichte. Anhand dieser Feldverläufe wurden die im menschlichen Gewebe wirksamen typischen Frequenzen von MPZ bestimmt. Weiterhin wurden zwei unterschiedliche MPZ-CAD-Modelle entwickelt. Die beiden Modelle unterschieden sich in ihrer Bauform und Zangenfenstergröße. Anhand der beiden Modelle wurden verschiedene Arbeitspositionen beim Schweißen mit Punktschweißzangen nachgebildet. Für diese wurden die Expositionen in einem menschlichen Körpermodell mit inhomogener Gewebestruktur systematisch berechnet. Hierbei wurden die in Abhängigkeit von der Frequenz und dem Abstand des Körpermodells zur Schweißzange induzierte Körperstromdichte und elektrische Feldstärke berechnet. Die Ergebnisse wurden mit den Grenzwerten der UVV BGV B11 und den ICNIRP-Guidelines verglichen. Außerdem wurde ein Verfahren entwickelt, mit dem bei bekannter Schweißstromstärke in Abhängigkeit von der Frequenz des Schweißstromes und der Zangenfenstergröße eine Expositionsbeurteilung durchgeführt werden kann.

Ergebnisse:

Es wurden folgende Abhängigkeiten festgestellt: Die induzierte elektrische Feldstärke im Gewebe des Körpermodells hängt von den Abmessungen des Zangenfensters der Mittelfrequenz-Punktschweißzange, dem Abstand des Körpermodells zum Zangenfenster, der Frequenz und der Stromstärke des Schweißstromes ab. Große Zangenfenster, geringe Abstände zur MPZ, hohe physiologisch wirksame Frequenzen und hohe Stromstärken des Schweißstromes haben hohe elektrische Körperstromdichten und Feldstärken im Gewebe des Körpermodells zur Folge. Das magnetische Feld der untersuchten Punktschweißzangen induziert in Abhängigkeit von der Frequenz und Stromstärke im Gewebe des Körpermodells unterschiedlich starke elektrische Felder. Bei den in der Praxis üblichen Stromstärken und Frequenzen können die Grenzwerte für das periphere und zentrale Nervensystems (PNS und ZNS) überschritten werden. An MPZ werden die Grenzwerte für das PNS und das ZNS bei unterschiedlichen Schweißstromstärken bzw. Feldstärken überschritten. Bei MPZ mit kleinem Zangenfenster ist eine Überschreitung der Grenzwerte für das ZNS im Vergleich zum PNS oberhalb einer Frequenz von 400 Hz etwa bei dem zehnfachen Wert der Schweißstromstärke möglich. Unterhalb dieser Frequenz nimmt dieser Wert ab. Etwa bei einer Frequenz von 50 Hz werden die Grenzwerte für das ZNS und PNS bei der gleichen Schweißstromstärke überschritten. An der MPZ mit dem großen Zangenfenster ist das etwa bei einer Frequenz von 200 Hz der Fall. Unterhalb dieser Frequenz (200 Hz) werden in Abhängigkeit von der Schweißstromstärke zunächst die Grenzwerte für das ZNS und danach für das PNS überschritten. Bei den derzeit üblichen Stromstärken der Schweißströme können Gefährdungen von Personen an Mittelfrequenz-Punktschweißzangen mit einem großen Zangenfenster aufgrund magnetischer Felder nicht ausgeschlossen werden. Die Stromstärken des Schweißstromes, insbesondere die der überlagerten Wechselströme, sind daher zu begrenzen. Bei der MPZ mit dem großen Zangenfenster muss die Stromstärke oder das magnetische Feld etwa um den Faktor 100 niedriger sein als bei der MPZ mit dem kleinen Zangenfenster. Die Ergebnisse zeigen darüber hinaus, dass anhand des hier entwickelten Verfahrens die derzeit üblichen Verfahren zur Expositionsabschätzung und Beurteilung der magnetischen Felder an MPZ vereinfacht werden können. Zurzeit ist das Verfahren jedoch erst für zwei Zangenfenstergrößen anwendbar. Aufwendige Expositionsberechnungen können vermieden werden, wenn für weitere Baugrößen vergleichbare Berechnungen durchgeführt werden und ein Katalog z. B. für zulässige Stromstärken erstellt wird.

Stand:

02.05.2016

Projekt

Gefördert durch:
  • Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV)
Projektdurchführung:
  • Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA)
  • Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM)
Branche(n):

-branchenübergreifend-

Gefährdungsart(en):

Strahlung, Arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren, Gestaltung von Arbeit und Technik

Schlagworte:

Beratung, Exposition, Strahlung

Weitere Schlagworte zum Projekt:

Elektromagnetische Felder, magnetische Felder, Punktschweißzange, induzierte Körperströme/elektrische Feldstärke im Gewebe, Gefährdungsbeurteilung