abgeschlossen 10/2012
Jährlich werden in Deutschland mehr als 100.000 aktive Implantate wie Herzschrittmacher und Defibrillatoren implantiert. Etwa 10 % davon entfallen auf Personen im berufsfähigen Alter, die nach einer Implantation wieder ins Berufsleben einzugliedern sind. Bevor die Träger von aktiven Implantaten wieder an ihre Arbeitplätze zurückkehren können, muss überprüft werden, ob die Funktion ihrer Implantate aufgrund elektrischer, magnetischer oder elektromagnetischer Felder beim Arbeiten gestört werden kann. Bei vielen Tätigkeiten wird dies als unkritisch angesehen. Dies gilt jedoch nicht, wenn mit handgeführten Elektrowerkzeugen wie Handbohrmaschinen, Handkreissägen, Stichsägen und/oder Handoberfräsen zu arbeiten ist. Diese Werkzeuge werden bei der Arbeit meist körpernah geführt. Felder, die von diesen Werkzeugen emittiert werden, koppeln nahezu direkt über die Elektrodenfläche in das Implantat ein. Überschreitet das Feld einen bestimmten Wert, kann es zu Funktionsstörungen des Implantates und damit zu einer Gesundheitsgefahr für den Implantatträger kommen. Dem Implantatträger wird daher die Einhaltung von Sicherheitsabständen von bis zu 40 cm empfohlen. Die Praxis zeigt, dass die Einhaltung so großer Abstände nicht praktikabel ist.
Zur Festlegung der Sicherheitsabstände wurden bisher überwiegend Messergebnisse aus Feldmessungen, die an Werkzeugen im Rahmen von Betriebsmessungen ermittelt wurden, mit den zulässigen Werten des aktuellen Normentwurfs DIN VDE 0848 Teil 3-1 "Sicherheit in elektrischen, magnetischen und elektromagnetischen Feldern - Teil 3-1: Schutz von Personen mit aktiven Körperhilfsmitteln im Frequenzbereich 0 Hz bis 300 GHz" verglichen. Letztere beruhen auf vereinfachten Rechenmodellen, denen z. B. einfache geometrische und homogene Gewebestrukturen zugrunde liegen. Untersuchungen, die im IFA in den vergangenen Jahren durchgeführt wurden, haben gezeigt, dass die Berücksichtigung solcher Modelle zu einer konservativen Abstandsabschätzung führt. In dem Projekt sollte systematisch untersucht werden, wie hoch die emittierten Felder an handgeführten Elektrowerkzeugen in Abhängigkeit von der Stromversorgung (Netzanschluss, Akkubetrieb) sind und welche Auswirkungen diese auf die Beeinflussbarkeit von Implantaten im Körper haben. Die am Eingang eines Implantates induzierten Störspannungen sollten mit einem Rechenmodell berechnet werden, das ein Körpermodell mit anatomisch angeordneten Gewebestrukturen enthält. Ziel war es, aus den Ergebnissen praxisgerechte Schutzmaßnahmen für Implantatträger bei Arbeiten mit handgeführten Elektrowerkzeugen abzuleiten.
Handgeführte Elektrohandwerkzeuge emittieren während ihres Betriebes überwiegend magnetische Felder. Die elektrischen Felder sind aufgrund der Höhe der verwendeten elektrischen Spannungen vernachlässigbar. In einem Körpermodell werden aufgrund der emittierten Felder in die Elektroden eines implantierten aktiven Implantates elektrische Spannungen induziert. Die Höhe der induzierten Spannung hängt ab von: - der Motorkonstruktion, insbesondere vom Blechschnitt des Eisenkerns (z. B. ring- oder U-förmig) - der aufgenommenen Motorleistung im Betrieb des Werkzeuges - den Elektroden (z. B. uni-, bipolar) - dem Abstand zwischen dem Werkzeug und den Elektroden - der Größe der Induktionsfläche (Elektrodenfläche) - der Implantationsart - der Richtung der Elektrodenfläche zum Feld Motoren mit einem U-förmigen Blechschnitt emittieren höhere magnetische Flussdichten als Motoren mit einem ringförmigen Blechschnitt. Die Verteilung der magnetischen Flussdichte ist bei allen Motoren an der Motoroberfläche inhomogen. Hohe Motorleistungen haben hohe Motorströme und damit hohe emittierte magnetische Felder sowie induzierte Spannungen zur Folge. Bei gleichen Feldbedingungen treten am Eingang eines Implantates bei implantierten unipolaren Elektroden höhere induzierte elektrische Spannungen auf als bei bipolaren Elektroden. Im Körpermodell werden die nach DIN EN 50527-2-1, Anhang E zulässigen Werte eines Herzschrittmachers in einer nach medizinischen Gesichtspunkten linkspektoral implantierten unipolaren Elektrode (wirksame Elektrodenfläche 155 cm²) bei optimaler Feldeinkopplung und maximaler Motorleistung überschritten, wenn der Abstand zwischen EHW und Elektrodenfläche acht cm unterschreitet. Bei rechtspektoraler Implantatlage reduziert sich dieser Abstand entsprechend dem Verhältnis der Elektrodenflächen bei rechts- und linkspektoraler Implantation. Die Induktionsflächen, die bei der Verwendung von bipolaren Elektroden auftreten, sind gegenüber denen von unipolaren Elektroden wesentlich kleiner. Bestimmend für die Flächengröße ist der Tip-to-Ring-Abstand. Die Implantatlage hat nahezu keinen Einfluss auf die Höhe der induzierten Spannung am Implantateingang. Bei Tip-to-Ring-Abständen unter zwei cm werden die zulässigen Werte nur überschritten, wenn die Elektrohandwerkzeuge das Körpermodell berühren. Die Ergebnisse zeigen, dass die derzeitigen Angaben für Sicherheitsabstände bei aktiven Implantaten mit unipolaren Elektroden sinnvoll und beizubehalten sind. Bei aktiven Implantaten mit bipolaren Elektroden ist die Einhaltung dieser Abstände nicht notwendig. Für das Arbeiten mit den üblichen handgeführten Elektrohandwerkzeugen ist es ausreichend, wenn das Werkzeug den Körper des Implantatträgers im Bereich des Implantates nicht berührt.
Holzgewerbe
Gefährdungsart(en):Strahlung
Schlagworte:Elektromagnetische Felder, Besondere Personengruppen, Risikoabschätzung
Weitere Schlagworte zum Projekt:Elektromagnetische Felder, magnetische Felder, Emission, Implantat, Störbeeinflussung, Herzschrittmacher