abgeschlossen 10/2016
Seit 2005 wird in Deutschland ein Konzept für die Expositionsbegrenzung krebserzeugender Arbeitsstoffe entwickelt, das stoffunabhängig die Minimierung auf gesellschaftspolitisch "akzeptierte" oder "tolerierte" Erkrankungsrisiken anstrebt. Bei der Ausarbeitung des Verfahrens diente ein etwas älteres niederländisches Modell als Orientierung. Parallel dazu entstand in Polen ebenfalls ein risikobasiertes Konzept zur Regulierung krebserzeugender Stoffe am Arbeitsplatz.
Das deutsche "Risikokonzept" befindet sich zwar noch in einer Erprobungsphase, für eine Reihe von relevanten krebserzeugenden Stoffen hat der Ausschuss für Gefahrstoffe jedoch bereits Exposition-Risiko-Beziehungen abgeleitet, deren mögliche Folgen für das Risikomanagement derzeit kontrovers diskutiert werden.
Bevor das Risikokonzept ganz oder teilweise in das deutsche Regelwerk übernommen wird, erscheint es sinnvoll, die Kriterien und Ergebnisse mit ähnlich gearteten etablierten Regelungen einiger anderer europäischen Staaten zu vergleichen.
In Zusammenarbeit mit dem Haager Health Council und dem Warschauer Central Institute for Labour Protection sollten die niederländischen, polnischen und deutschen Risikomodelle gegenübergestellt werden. Es ist geplant, eine Tabelle mit denjenigen Stoffen anzufertigen, zu denen mindestens zwei der drei Länder ein Krebserkrankungsrisiko für arbeitsplatzrelevante Expositionskonzentrationen ermittelt haben, und den Ursachen möglicher Diskrepanzen nachzugehen. Eine grobe Übersicht zu aktuellen Entwicklungen in anderen europäischen Staaten (Schweiz, Frankreich) und bei der Europäischen Chemikalienagentur hinsichtlich der Regulierung krebserzeugender Stoffe wurde ebenfalls angestrebt.
Mit unterschiedlicher rechtlicher Relevanz finden risikobasierte Konzepte in Polen, den Niederlanden, Frankreich und Deutschland Anwendung. In Polen wurden inzwischen (Stand: Ende 2016) mehr als 50 risikobasierte Luftgrenzwerte für krebserzeugende Arbeitsstoffe aufgestellt, in den Niederlanden sind es mehr als 30, in Deutschland wurden Expositions-Risiko-Beziehungen publiziert und Frankreich hat erst im Jahr 2012 damit begonnen, die ersten "Valeurs toxicologiques de référence sans seuil" bekannt zu machen. Dabei sind in Deutschland klare Zielrisiken vorgegeben, deren Überschreitung bestimmte Maßnahmen auslösen, während in Polen und den Niederlanden Zielkorridore vereinbart wurden. In Frankreich werden stoffspezifisch die mit bestimmten Risiken verbundenen Luftkonzentrationen berechnet und zur Orientierung veröffentlicht. Die angewandte Methodik der Risikoschätzung ist vergleichbar; aus epidemiologischen oder tierexperimentellen Ergebnissen wird überwiegend linear in den Dosisbereich am Arbeitsplatz extrapoliert. Besonders in Deutschland zeichnet sich die Tendenz ab, nach Möglichkeit einen gesundheitsbasierten Grenzwert abzuleiten, sofern der spezifische Wirkmechanismus mit hinreichender Sicherheit die Prognose zulässt, dass die Einhaltung dieses Grenzwerts auch vor substanzbedingten Krebserkrankungen schützt. Eine ganz neue Entwicklung stellen die rechtlich nicht bindenden "Reference dose-respose relationships" des Committee for Risk Assessment (RAC) der Europäischen Chemikalienagentur dar, über welche das IFA in mehreren Zeitschriftenartikeln berichtete.
Das IFA-Projekt musste während der Laufzeit einigen Modifikationen unterzogen werden. Im Auftrag des zuständigen Ministeriums hat das niederländische RIVM 2014 die Online-Publikation "Overview of methodologies for the derivation of Occupational Exposure Limits for non-threshold carcinogens in the EU" herausgebracht, in deren Vorfeld das Konsortium befragt wurde. Damit waren wesentliche Inhalte bereits von anderer Seite veröffentlicht. Die vom Konsortium zusammengetragenen Resultate wurden auf Einladung der Österreichischen Gesellschaft für Arbeitsmedizin (ÖGA) während der ÖGA-Jahrestagung 2016 in einer "Keynote" präsentiert.
-branchenübergreifend-
Gefährdungsart(en):Gefahrstoffe
Schlagworte:Krebserregende Stoffe, Grenzwert, Rechts- und Regelsetzung
Weitere Schlagworte zum Projekt:krebserzeugende Arbeitsstoffe, risikobasierte Grenzwertkonzepte, EU-Mitgliedstaaten