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Quetschrisswunden beschreiben offene Verletzungen der oberflächennahen Weichgewebe und entstehen unter stumpfer Gewalteinwirkung auf den Körper, was zu einem Aufplatzen der Gewebsschichten führt. Sie sind im Alltag häufig zu beobachten – z. B. als Folge von Stürzen, dem Anprall gegen Gegenstände oder Unfällen im Sport- und Arbeitsbereich. Im Arbeitsumfeld bedeutet eine Quetschrisswunde eine Arbeitsunterbrechung, das Aufsuchen eines Arztes und eine bis zu mehreren Wochen andauernde vollständige Ausheilung mit der Gefahr von Entzündungen.
Quetschrisswunden gehören zur Gruppe der oberflächlichen Zerreißungen, welche 2018 mit 20,4 % die zweithäufigste Verletzungsart im Arbeitsbereich und mit 35,8 % im Bereich Kita und Tagespflege sogar die häufigste Verletzungsart bildeten. Dennoch ist bisher wenig zum Entstehungsmechanismus von Quetschrisswunden bekannt. Insbesondere gibt es keine gesicherte Datengrundlage, anhand derer man die Verletzungsschwere abschätzen könnte.
Ziel des Vorhabens ist, valide Modelle für Weichgewebe unter stumpfer Gewalteinwirkung zu entwickeln. Damit kann der Verletzungsmechanismus, der zur Entstehung einer Quetschrisswunde führt, mittels computergestützter (Finite-Elemente-)Simulationen näher analysiert werden. Die Forschungshypothese nimmt an, dass die Haut aufgrund der Dehnung aufreißt, die sich bei einem Anprall durch die Kompression der Weichgewebe gegen den darunterliegenden Knochen orthogonal zur einwirkenden Kraft entwickelt. Die Entstehung von Quetschrisswunden hängt somit auch vom Verhalten der tiefer liegenden Weichgewebsschichten ab. Insbesondere soll die Verletzungsschwere in Abhängigkeit verschiedener Einflussfaktoren und anthropometrischer Details analysiert werden. Dadurch soll eine Datengrundlage zur Bewertung der Verletzungsschwere für Quetschrisswunden in verschiedenen Szenarien geschaffen werden, die durch eine Umsetzung in Präventionsmaßnahmen langfristig zu einer Reduzierung der Verletzungsschwere führen soll.
Zu Beginn des Projekts soll eine umfassende Darstellung verschiedener Aspekte zum Thema Quetschrisswunde erfolgen, insbesondere eine Literaturrecherche zum Aufbau und Materialverhalten der beteiligten Gewebeschichten (Haut, Fett, Muskeln). Basierend auf dieser Recherche sollen Materialmodelle für die einzelnen Gewebetypen entwickelt und in eine computergestützte (Finite-Elemente-)Simulationsumgebung implementiert werden. Für Haut wird zusätzlich ein Versagensmodell entwickelt. Anschließend werden die Modelle in einem mehrstufigen Verfahren in verschiedenen Belastungsszenarien validiert. Die Validierung erfolgt gegen experimentelle Daten aus der Literatur. Fehlende Daten werden mittels in vitro Versuchen an Schweinegewebe erhoben. Mit den Modellen wird in verschiedenen Simulationssetups der Entstehungsmechanismus von Quetschrisswunden systematisch auf verschiedene Einflussfaktoren hin untersucht. Das Verletzungsrisiko wird mit Hilfe von Menschmodellen an einigen typischen Szenarien veranschaulicht. Zudem wird eine Datengrundlage geschaffen, die zur Bewertung des Verletzungsrisikos von Quetschrisswunden an Unfallschwerpunkten verwendet werden kann.
-branchenübergreifend-
Gefährdungsart(en):Mechanische Gefährdungen
Schlagworte:Mechanische Gefährdung
Weitere Schlagworte zum Projekt:Quetschrisswunde, oberflächennahe Weichgewebeverletzungen, Stumpfes Trauma, mechanische Gefährdungen, Simulationen
Lanzl, F.; Alesi, A.; Horn, A.; Zimmermann, J.; Peldschus, S.: Experimentelle Untersuchung zur Entstehung von Quetschrisswunden in Fallturmversuchen mit unterschiedlichen Impaktorgeometrien. 101. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin, Lugano, 31. August – 2. September 2022