Ergonomische Untersuchung von Büroarbeitsplätzen mit mehreren Bildschirmen oder Großbildschirmen

Projekt-Nr. IFA 4202

Status:

abgeschlossen 03/2016

Zielsetzung:

Der klassische Bildschirmarbeitsplatz mit einem Einzel-Bildschirm (19") wird zunehmend durch Multi-Bildschirmarbeitsplätze ersetzt, deren mögliche Auswirkungen auf den Bediener bisher wenig untersucht sind.

Aus diesem Grund beauftragte die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) mit der Durchführung einer Laborstudie.

Dabei wurde ein typischer Einzelbildschirmarbeitsplatz (22“) mit zwei Varianten eines Doppelbildschirmarbeitsplatzes (jeweils 22“, Ausrichtung waagerecht-waagerecht bzw. waagerecht-senkrecht) verglichen.

Ziel der Untersuchungen war es, Hinweise auf mögliche Gefährdungen zu finden und daraus eventuell notwendige Erweiterungen bestehender Präventionsempfehlungen abzuleiten.

Aktivitäten/Methoden:

Zunächst fand eine Sichtung und Auswertung der vorhandenen internationalen Literatur zum Thema "Arbeiten an Bildschirmarbeitsplätzen mit mehreren Bildschirmen oder Großbildschirmen" statt.

Anschließend erfolgte auf der Basis dieser Recherche die Planung der Laboruntersuchungen: Eine Auswahl von drei verschiedenen Bildschirmkonstellationen (22"-Einzel-Bildschirm, zwei Bildschirme (je 22" in horizontaler Aufstellung), zwei Bildschirme (je 22", eins in horizontaler und eins in vertikaler Aufstellung) wurde für die Durchführung von verschiedenen standardisierten Bürotätigkeiten (Text abschreiben, Text vergleichen, Daten sortieren) festgelegt.

Zur qualitativen und quantitativen Ermittlung physiologischer Parameter wurden Methoden zur Messung von Körperhaltung, -bewegung und -position (CUELA-Körperhaltungs-Messsystem), muskuläre Aktivität im Schulter-/Nackenbereich (Oberflächenelektromyographie, OEMG), Lidschlussfrequenz (Eye-Tracking), Sehschärfe (Landolt-Sehtest per Smartphone) und Bildschirmabstand (Mustererkennungssoftware) zum Teil modifiziert und festgelegt. Das subjektive Empfinden der Versuchspersonen wurde parallel mithilfe von Fragebögen (NASA-TLX und eigene) erfasst. Ergänzend fanden Untersuchungen zur qualitativen und quantitativen Leistung der Teilnehmenden statt. Für die Anwendung der beschriebenen Methoden wurde ein positives Votum der Ethikkommission der Universität Greifswald erteilt.

An der Laborstudie im Sinne einer vergleichenden Querschnittstudie nahmen zehn Personen (5m/5w, beschwerdefreie Mitarbeiter/-innen der DGUV) teil. Eine Untersuchung zur Feststellung des Sehvermögens (vorgenommen durch den betriebsärztlichen Dienst) und eine ärztliche Befragung zu Belastungen/Beschwerden des Muskel-Skelett-Systems waren als Voruntersuchung Teilnahmevoraussetzung. Bearbeitetet wurden an verschiedenen Tage mit allen Bildschirmkonstellationen jeweils die drei verschiedenen standardisierten Aufgaben. Die Auswertung erfolgte über eine statistische Prüfung der Messparameter zu den getesteten Bildschirmkonstellationen.

Ergebnisse:

Im Ergebnis zeigten sich hinsichtlich der Rumpfbewegungen nur gering ausgeprägte und nicht signifikant unterschiedliche Aktivitäten für alle untersuchten Bildschirmkonstellationen.

Der Großteil der Bewegungen wurde abhängig von der Bildschirmkonstellation mit dem Kopf (Rotation und Inklination) oder den Augen durchgeführt.

Drehbewegungen des Bürostuhls erfolgten jeweils nur in sehr geringem Umfang.

Eine signifikante Veränderung der Muskelaktivität im Schulter-/Nackenbereich konnte hinsichtlich des Aufgabentyps festgestellt werden, nicht aber hinsichtlich der Bildschirmkonstellation.

Die Lidschlussfrequenz schien ebenfalls deutlicher durch den Aufgabentyp als durch die verwendete Bildschirmkonstellation beeinflusst worden zu sein. Allerdings zeigte sich bei der Arbeit mit den Doppelbildschirmen eine geringe Zunahme der Lidschlussrate gegenüber dem Einzelbildschirm, was aufgrund der verstärkten Benetzung der Augenoberfläche als positiv bewertet werden kann. Eine Veränderung der Sehschärfe der Probanden (prae/post-Versuch) war mit den eingesetzten Methoden nicht nachzuweisen, ebensowenig ein Zusammenhang zwischen dem eingenommenen Bildschirmabstand und der verwendeten Bildschirmkonstellation. Die Probanden selbst bevorzugten mehrheitlich die Verwendung von zwei waagerecht aufgestellten Bildschirmen.

Die Überprüfung der jeweils erbrachten Leistung an den untersuchten Bildschirmkonstellationen zeigte in Bezug auf Qualität und Quantität teilweise signifikante Unterschiede zugunsten der Doppelbildschirm-Varianten. Insgesamt sprechen die erzielten Leistungen und die Präferenzen der Probanden in dieser Studie für die Verwendung einer Mehrbildschirm-Variante. Die Ergebnisse der messtechnischen Untersuchungen ergaben keine signifikanten Hinweise auf physiologisch limitierend wirkende Faktoren an den untersuchten Bildschirmarbeitsplätzen.

Eine grundlegende Erweiterung der bestehenden Präventionsempfehlungen zur Bildschirmnutzung an Büroarbeitsplätzen erscheint auf der Grundlage dieser Studienergebnisse zunächst nicht notwendig.

Stand:

16.02.2017

Projekt

Gefördert durch:
  • Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV)
Projektdurchführung:
  • Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA)
  • VBG (Verwaltungs-Berufsgenossenschaft)
  • Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung - Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA)
  • Universitäts-Augenklinik Münster
  • Universitätsmedizin Greifswald
Branche(n):

-branchenübergreifend-

Gefährdungsart(en):

Gestaltung von Arbeit und Technik, Arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren

Schlagworte:

Arbeitsmedizinische Vorsorge, Bildschirmarbeit, Gefährdungsbeurteilung

Weitere Schlagworte zum Projekt:

Bildschirmarbeitsplatz, Großbildschirm, Multi-Bildschirm, CUELA, Eye-Tracking, Physiologie, Leistung

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