abgeschlossen 09/2014
Neben der Belastung durch Ganzkörper-Vibrationen (GKV) sind für beruflich fahrzeugführende Personen ungünstige Körperhaltungen (KH) und Lastenhandhabungen die wichtigsten physikalischen Belastungsfaktoren, die Rückenbeschwerden verursachen können. Aufgrund der Komplexität der Körperhaltungsmessungen hat keine epidemiologische Studie bisher die Kombinationswirkung der beiden GKV- und KH-Expositionen anhand quantitativer Daten untersucht. Mittlerweile ist durch den Fortschritt in der Sensortechnologie eine Messtechnik eingeführt, welche die quantitative Analyse der KH durch Messen von Körperwinkeln ermöglicht.
Um die für die Evaluierung notwendige eindeutige Rückführung der Effekte auf das Training zu ermöglichen, wurde ein erweitertes Interventions-/Kontrollgruppendesign gewählt, bei dem die Kontrollgruppe als Wartegruppe ausgelegt war und eine zusätzliche Gruppe zur Untersuchung reiner Messeffekte herangezogen wurde. Mit einer kontrollierten Prä-Post-Messung (T1-T2) zur Wirksamkeitsprüfung, einer Wartegruppenerhebung (T2-T3) zur Erfassung der Replizierbarkeit und einer weiteren längerfristigen Messung (T4) zur Erhebung der Nachhaltigkeit von Effekten, wurde ein aufwändiges quasiexperimentelles Untersuchungsdesign mit bis zu vier Messzeitpunkten realisiert. Zur Sicherstellung der Generalisierbarkeit wurde das Training in Sachsen sowie im südlichen Bayern jeweils im ländlichen und städtischen Raum durchgeführt. Alle Trainings wurden von demselben Trainer durchgeführt. Teilnehmen konnten alle Rettungsdienstmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, die mindestens 40 Stunden im Monat Rettungstransportwägen, Notarzteinsatzfahrzeuge oder Notarztwägen fahren und deren Rettungsdienstorganisation sich zur Teilnahme an der Studie bereit erklärt hatte. Alle Probanden wurden möglichst gleichmäßig auf die Untersuchungsgruppen aufgeteilt. Methodisch wurden die Evaluationsebenen wie folgt erfasst: Die Reaktionsebene, die die Akzeptanz und Zufriedenheit mit dem Training beinhaltete, wurde mittels Befragungen direkt nach dem Training und zu unterschiedlichen späteren Zeitpunkten erhoben. Die Lernebene mit den Aspekten der Einstellungsänderung und des Wissenszuwachses wurde mit Fragebögen zu den Themen Risikobereitschaft und Verkehrssicherheit sowie einem wiederholten Wissenstest erfasst. Für die Verhaltensebene wurden neben weiteren Fragebögen reale Einsatzfahrten mithilfe von Fahrprofildaten (u.a. Quer- und Längsbeschleunigung, Geschwindigkeiten) und Videoaufzeichnungen untersucht. Auf der Resultatebene wurden die Belastung und Beanspruchung während des realen Einsatzgeschehens untersucht sowie die Dauer der Einsatzfahrten als wirtschaftliche Kenngröße. Die Erfassung der Beanspruchung erfolgte sowohl mit (schichtbegleitenden) Fragebögen zu kurzfristigen und langfristigen Beanspruchungsfolgen als auch mittels der Messung physiologischer Daten (EKGs) während der Einsätze.
Für den Zusammenhang zwischen Expositionen und Rückenbeschwerden sind in diesem Projekt der Tagesexpositionswert A(8) und der Kennwert für die ungünstigen Körperhaltung (Zahl der Körperwinkel, deren Messwerte oft im nicht-neutralen Bereich liegen) als geeignete Messgrößen validiert worden. Individuelle und psychosoziale Faktoren haben in dieser Studie keinen signifikanten Einfluss gezeigt. Die validierten Kennwerte für GKV und ungünstige KH haben sowohl als separate Variable in einem Modell, als auch als Kombination in einem Kennwert einen signifikanten schädigenden Einfluss in Bezug auf Rückenbeschwerden gezeigt.
-branchenübergreifend-
Gefährdungsart(en):Lärm/Vibrationen, Mechanische Gefährdungen
Schlagworte:Muskel-Skelett-Erkrankungen (außer Krebserkrankungen), Ergonomie, Prävention
Weitere Schlagworte zum Projekt:Ganzkörpervibration (GKV), Körperhaltung