abgeschlossen 08/2022
Die weite Verbreitung taktgebundener Arbeit im produzierenden Gewerbe steht im Gegensatz zu den negativen gesundheitlichen Folgen für die Beschäftigten. So gelten repetitive Tätigkeiten als wesentlicher Risikofaktor für das Auftreten muskuloskelettaler Beschwerden und Krankheiten. Ziel des Forschungsprojektes ist der mittels "Proof of Concept" (PoC)-Studie zu erbringende Nachweis, dass spezifische Belastungswechsel zur Erhöhung der Belastungsvariation der involvierten Muskelgruppen während Taktarbeit ein sinnvolles und probates Mittel für die beanspruchungsreduzierende Gestaltung von Taktarbeit darstellen ohne die Produktivität zu beeinträchtigen. Darauf aufbauend wird eine Methodik entwickelt, die es betrieblichen Praktikern ermöglicht, tätigkeitsspezifische Belastungswechsel an taktgebundenen Arbeitsplätzen zu integrieren. Dieser Ansatz zielt darauf ab, das Risiko für Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) und Muskel-Skelett-Beschwerden (MSB) an taktgebundene Arbeitsplätzen zu mindern und nachhaltig Berufskrankheiten entgegen zu wirken.
Zu Beginn erfolgte die Definition der Anforderungen an den Referenzmontageprozess auf Basis einer für die Antragstellung durchgeführten Literaturrecherche, Interviews mit Experten aus der Industrie und Zusammenarbeit des Instituts für Produktionssysteme (IPS) der Technischen Universität Dortmund und des Instituts für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung (IASV) des Universitätsklinikums Tübingen. Nach der Definition erfolgte die Herleitung des Versuchsaufbaus einschließlich einer initialen Messreihe, um die Datengrundlage für eine Neukonfiguration der Montagereihenfolge zu generieren. Bei der Neukonfiguration wurden aufeinanderfolgende Teiltätigkeiten mit erhöhter muskulärer Beanspruchung im Musculus trapezius pars descendens mit Teiltätigkeiten geringerer muskulärer Beanspruchung unterbrochen, um der beanspruchten Muskulatur mehr Möglichkeiten zur kurzzeitigen Erholung zu geben. In der darauffolgenden Datenerhebung (PoC-Studie) wurde dieser neukonfigurierte Prozess mit spezifischen Belastungswechseln mit dem ursprünglichen Referenzmontageprozess verglichen. Dazu wurden insgesamt 38 Testpersonen in Experimenten mit Within-Subject-Design mit Messwiederholung betrachtet. Der Einfluss spezifischer Belastungswechseln auf die muskuläre Beanspruchung und Beschwerdeentwicklung wurde objektiv mittels Oberflächenelektromyographie (OEMG) bzw. subjektiv mittels einer Bewertung von auftretenden Beschwerden an der oberen Extremität untersucht. Zusätzlich wurden verschiedene arbeitsökonomische, physiologische und subjektive Kontrollparameter zur Überprüfung der Vergleichbarkeit der neukonfigurierten Montagereihenfolge erhoben. Die Ergebnisse wurden in einem abschließenden Forschungsbegleitkreistreffen präsentiert und gemeinsam diskutiert.
Im Rahmen des Projektes konnte aufgrund mangelnder signifikanter Effekte keine Überlegenheit der Neukonfiguration gegenüber dem Referenzmontageprozess gezeigt werden. Dennoch wurde die Relevanz des Forschungsthemas für eine ergonomische Gestaltung von Arbeitssystemen durch die Forschungspartner und den Forschungsbegleitkreis während der Projektlaufzeit regelmäßig hervorgehoben und betont. Weitere Forschungsbedarfe in unterschiedlichen Bereichen konnten identifiziert werden. Hierzu zählen u. a. die Auswahl der Belastungshöhen, Anlernzeiten und -effekte, psychologische Auswirkungen auf die Trapezmuskulatur und Überlagerungseffekte. Die identifizierten Forschungslücken sind durch aufbauende Studien im Vorfeld einer erneuten Überprüfung der Forschungshypothese zu bearbeiten.
-branchenübergreifend-
Gefährdungsart(en):Arbeitsbedingte Erkrankungen, Gestaltung von Arbeit und Technik, Mechanische Gefährdungen
Schlagworte:Arbeitsplatzgestaltung, Physische Beanspruchung/Belastung
Weitere Schlagworte zum Projekt:Taktarbeit, BK2101, BK2113