Gesundheitsverhalten und Unfallgeschehen im Schulalter – Eine Panelstudie

Projekt-Nr. FF-FP 0347

Status:

abgeschlossen 06/2021

Zielsetzung:

Zentrales Ziel der GUS Studie war es, die Ursachen von Unfällen und Verletzungen im Schulkontext zu identifizieren. Zwar liefern Analysen zum Unfallgeschehen auf Basis der Unfallstatistik wertvolle Hinweise. Jedoch können mit ihrer Hilfe keine ursächlichen Zusammenhänge identifiziert werden. Dies hängt damit zusammen, dass die Statistik nur Informationen über verunfallte Personen beinhaltet und somit die Möglichkeit eines Vergleichs mit einer "Kontrollgruppe" fehlt, die keinen Unfall bzw. keine Verletzung erlitten hat. Zudem ist die Zahl der in der Unfallstatistik berücksichtigten Merkmale begrenzt, sodass insbesondere der Einfluss latenter Variablen, wie beispielsweise von Persönlichkeitseigenschaften oder psychischen Dispositionen, nicht untersucht werden können. Schließlich schränkt der Querschnittscharakter bisheriger Studien die Möglichkeit ein, kausale Strukturen in Bezug auf das Unfall- und Verletzungsgeschehen zu entschlüsseln. Die GUS Studie zielte darauf ab, diese kausalen Muster von Schulverletzungen aufzudecken, indem eine Paneluntersuchung durchgeführt wurde, die sowohl Schüler*innen einschließt, die von Unfällen und Verletzungen im Schulkontext berichteten als auch solche, die keine Unfälle oder Verletzungen erlitten haben.

Aktivitäten/Methoden:

Auf der Grundlage einer bundesweiten (mit der Ausnahme von Bayern und Hamburg) repräsentativen Paneluntersuchung von rund 10 000 Schüler*innen über sechs Erhebungswellen wurden Prädiktoren von Unfällen und Verletzungen auf der Basis individueller Unfall- und Verletzungsbiografien ermittelt. Um den Untersuchungsgegenstand einzugrenzen, standen Verletzungen im Fokus, die sich im schulischen Kontext ereignet haben. Dabei wurde zentral zwischen Unfällen und Verletzungen im Schulsport, auf dem Schulhof, im Schulgebäude und auf dem Schulweg unterschieden. Die Analysestrategie sah den Einsatz bi- und multivariater Analysemethoden vor, die sowohl für Paneldaten als auch für die spezifische Datenstruktur mit verschiedenen Analyseebenen adäquat sind.

Ergebnisse:

Insbesondere die Aufnahme oder Ausweitung einer vereinssportlichen Aktivität führt zu einer höheren Verletzungswahrscheinlichkeit im Schulkontext. In dieselbe Richtung wirkt eine zunehmende Risikobereitschaft der Schüler*innen. Der Verbesserung des allgemeinen Zustands der Schule kommt nach unseren Ergebnissen insbesondere bei der Reduktion von Verletzungen auf dem Schulhof und im Schulgebäude eine Rolle zu. Der stärkste protektive Faktor ist die psychische Gesundheit der Schüler*innen. Eine Verbesserung (vom 25. zum 75. Perzentil) der psychischen Gesundheit und des allgemeinen Wohlbefindens reduziert die Verletzungswahrscheinlichkeit der Schüler*innen im Schulsport um bis zu 12 Prozent, auf dem Schulhof- bzw. im Schulgebäude um bis 24 Prozent und auf dem Schulweg um bis zu 27 Prozent. Das sind beachtliche Effekte, die zudem bei allen Verletzungsorten gleichförmig zu beobachten sind. Eine Investition in Maßnahmen zur Steigerung des psychischen Wohlbefindens ist auf Basis dieser Längsschnittanalysen angezeigt.

Die Mehrebenenanalysen weisen zudem darauf hin, dass das größte Präventionspotenzial auf der Ebene der einzelnen Schüler*innen zu sehen ist. Hier fallen durchschnittlich ein Drittel der Unterschiede im schulischen Verletzungsgeschehen an. Knapp zwei Drittel der Varianz müssen als situative und zufällige Prozesse angesehen werden. Schulische Merkmale spielen nur eine untergeordnete Rolle und sind für maximal sechs Prozent der Unterschiede im schulischen Verletzungsgeschehen verantwortlich. Schließlich deuten detaillierte Auswertungen zu Schulsport und Schulwegeverletzungen Risikogruppen und weitere Präventionspotenziale an.

Stand:

12.01.2024

Projekt

Gefördert durch:
  • Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV)
Projektdurchführung:
  • Fachhochschule Frankfurt am Main
Branche(n):

Öffentlicher Dienst

Gefährdungsart(en):

Mechanische Gefährdungen, Arbeitsorganisation/-schutzmanagement

Schlagworte:

Prävention, Unfallursachen, Bildung

Weitere Schlagworte zum Projekt:

Gesundheitsverhalten, Unfallgeschehen, Schulalter, Panelstudie

Weitere Informationen

Klocke, A.; Stadtmüller, S.: Two generations later: New evidence on health equalisation in youth. Social Science & Medicine, 342, 2024, 116522. https://doi.org/10.1016/j.socscimed.2023.116522

Stadtmüller, S.; Klocke, A.; Giersiefen, A.; Lipp, R.; Wacker, C.: Approaching the Causes of Unintentional Injuries in the School Environment: A Panel Analysis of Survey Data From Germany. Journal of School Health, 2021. https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/josh.13112 DOI: 10.1111/josh.13112

Filser, A.; Stadtmüller, S.; Lipp, R. et al.: Adolescent school injuries and classroom sex compositions in German secondary schools. BMC Public Health 22, 62, 2022 https://doi.org/10.1186/s12889-021-12370-8