abgeschlossen 11/2023
Ziele des Forschungsvorhabens waren Standardisierung, fortlaufende Dokumentation und Qualitätssicherung sowie Verfügbarmachung von Allergietestungen für berufliche Typ I-Allergien, um für alle betroffenen Versicherten mit Verdacht auf eine berufliche Allergie eine aussagekräftige Diagnostik zu gewährleisten. Im Rahmen des vorliegenden Forschungsprojektes FB 317a sollten Strategien exploriert werden, um der zu Projektbeginn bereits bestehenden diagnostischen Lücke durch Fehlen von Testallergenen entgegenzuwirken und eine Verbesserung und Standardisierung der Diagnostik von arbeitsbedingten Typ I-Allergien zu erzielen.
Basierend auf einer Bedarfsermittlung bei den Unfallversicherungsträgern (UVT) zu prioritär erforderlichen beruflich relevanten Hauttestallergenen für die Allergiediagnostik von arbeitsbedingten Typ I-Allergien wurde in Kooperation zwischen Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und Institut für Prävention und Arbeitsmedizin (IPA) der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung eine Liste der vorrangig zu bearbeitenden Testallergene erstellt. Für diese Allergenquellen wurden entsprechende Qualitätsstandards unter Berücksichtigung von Europäischem Arzneibuch (Ph. Eur.), Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) und Arzneimittelgesetz (AMG) erarbeitet, die für die Gewinnung von sensitiven und spezifischen Testlösungen erforderlich sind. Obwohl zulässig, war die Herstellung von Testallergenen vor Aufnahme des Forschungsvorhabens nicht in Apotheken etabliert. Es erfolgte in einem zweistufigen Prozess die Erarbeitung von apothekenadaptierten Standard Operating Procedures (SOPs) zur Herstellung von Pricktestlösungen. Zur Überprüfung der Robustheit der Qualität bei Anwendung der SOPs durch unterschiedliche Personen, zu unterschiedlichen Zeitpunkten, an verschiedenen Standorten und unter Einbeziehung unterschiedlicher Allergenausgangsmaterialchargen derselben Allergenquelle wurden Validierungsexperimente unter Mitwirkung eines Biostatistikers geplant und an zwei Standorten (IPA und PEI) mit je zwei Mitarbeitenden durchgeführt. Zusätzlich wurden Stabilitäts- und Sterilitätsdaten erhoben. Erste Transferversuche in eine öffentliche Apotheke wurden unternommen. Zusätzlich erfolgte proteinchemische und immunologische Überprüfung kommerziell noch verfügbarer Diagnostika, die für die Testung beruflicher Typ I-Allergien relevant sind.
Die Bedarfsermittlung bei den UVT ergab 20 prioritäre Berufsallergenquellen, für die die Verfügbarkeit von qualitativ einwandfreien Testallergenen zum Nachweis oder Ausschluss von beruflich bedingten Typ I-Allergien und für den Versorgungsauftrag der Unfallversicherungsträger essenziell sind. Zu Projektbeginn waren für acht von 20 Allergenquellen keine zugelassenen oder verkehrsfähigen Testallergene verfügbar, für fünf von 20 Allergenquellen nur ein einziges. Am Ende der Projektlaufzeit sind für elf von 20 Allergenquellen keine zugelassenen oder verkehrsfähigen Testallergene verfügbar und für drei von 20 Allergenquellen nur ein einziges. Zu 18 der 20 Allergenquellen konnten Allergenausgangmaterialien bezogen werden, davon zu 13 Allergenquellen 16 zertifizierte Allergenausgangsmaterialien von zertifizierten Anbietern. Zwei der nicht zertifizierten Allergenausgangsmaterialien erwiesen sich als qualitativ ungeeignet. Für die verbliebenen 16 Allergenquellen mit verfügbaren Allergenausgangsmaterialien wurden ausgehend von Laboranweisungen unter Berücksichtigung der besonderen Apothekenbedingungen und rechtlichen Anforderungen Qualitätskriterien und apothekenadaptierte SOPs erstellt. Für diese konnten aus den Allergenausgangsmaterialien unter Anwendung der Apotheken-SOPs qualitativ einwandfreie Testallergene gewonnen werden. Die Stabilität und Sterilität der untersuchten Pricktestlösungen blieb bei Lagerung (4-8° C) und nach Anbruch im Untersuchungszeitraum von einem Jahr erhalten. In Validierungsexperimenten zeigten sich signifikante Unterschiede bei Verwendung unterschiedlicher Ausgangsmaterialchargen derselben Allergenquelle und bei Herstellung an unterschiedlichen Standorten; trotz dieser Unterschiede lag der Proteingehalt der meisten Testallergene (87 %) dennoch innerhalb der Ph. Eur. vorgegebenen 80-120 %-Grenze. Der Transferversuch in eine öffentliche Apotheke mit praktischer Anwendung der etablierten SOPs wurde exemplarisch anhand der Herstellung von vier unterschiedlichen Testallergenen erfolgreich erprobt. Die Anfertigung von Pricktestlösungen durch öffentliche Apotheken stellt eine gesetzlich zulässige Alternative dar zur Sicherung der Versorgung bei weiterhin bestehendem Mangel an kommerziellen Testallergenen für berufsbedingte Allergien. Diese im Rahmen des Projekts erfolgreich geprüfte Möglichkeit kann einen wichtigen Beitrag zur Schließung der bestehenden diagnostischen Lücke für beruflich bedingte Typ I-Allergien leisten.
Ausblick: Auf dem Weg zu einer flächendeckenden Apothekenversorgung mit berufsrelevanten Testallergenen sind neben der Klärung einzelner verbliebener medikolegaler Aspekte verschiedene weiterführende Schritte erforderlich. Diese umfassen unter anderem ergänzende biostatistisch begleitete Validierungsexperimente mit unterschiedlichen Ausgangsmaterial-Chargen weiterer Allergenquellen und Stabilitäts- und Sterilitätsuntersuchungen der entsprechenden Pricktestlösungen über ein Jahr, um die Konformität aller SOP-basierten Pricktestlösungen mit den qualitativen Erfordernissen der Ph. Eur. sicherzustellen vor einer Validierung der Pricktestlösungen durch in vivo Hauttestungen und Gewinnung weiterer Apotheken, die an der SOP-basierten Herstellung von Testallergenen Interesse zeigen.
-branchenübergreifend-
Gefährdungsart(en):Gefahrstoffe
Schlagworte:Berufskrankheit, Prüfverfahren, Allergisierende Stoffe
Weitere Schlagworte zum Projekt:Allergien, Typ-I-Allergene, Hauttestung, Hautarzt